Wie Skigebiete um ihre Gäste buhlen
Oberstdorf – Es sind nur 525 Meter, die die neue Seilbahn überbrückt. Doch wenn dieser noch fehlende Abschnitt des «zellamseeXpress» im Dezember in Betrieb geht, können Skifahrer im Salzburger Land direkt vom Glemmtal auf die Schmittenhöhe gelangen und umgekehrt.
Damit würden die Weichen für eine «neue Skidimension» gestellt, heißt es. Tatsächlich öffnet es den Weg für einen weiteren spektakulären Zusammenschluss in den Alpen: das Skigebiet von
Zell am See, die Schmittenhöhe, soll direkt mit dem Skicircus Saalbach-Hinterglemm verbunden werden. Wird das Realität, könnte man mit Liften und Gondeln insgesamt 347 Pistenkilometer erreichen. Dadurch würde Österreichs größtes zusammenhängendes Skigebiet entstehen.
Wintersporttouristen wollen Abwechslung
Damit setzt sich eine Entwicklung im Alpenraum fort: Immer wieder schließen sich Gebiete im Wettbewerb um Gäste zusammen. Warum aber müssen es immer mehr Piste sein? Weil es die Gäste so wollen, lautet die Antwort. Der Wunsch nach Abwechslung und damit nach vielen Pistenkilometern sei unverändert groß, erklärt Franz Hörl vom Fachverband Seilbahnen der Wirtschaftskammer Österreich.
Jedoch ziehen die Karawanen längst nicht nur in Richtung der XXL-Gebiete, führt Hörl aus: So hätten auch kleine, oft niedriger gelegene Resorts im vergangenen, schneereichen Winter deutliche Steigerungsraten verzeichnen können. Übersichtliche Familienskigebiete sind also weiterhin gefragt.
Pistenkilometer bei Kurztrip weniger wichtig
Für Peter Schöttl hängt die gewünschte Vielfalt mit der Länge des Aufenthalts zusammen. «Wenn man nur einen Tagesausflug zum Skifahren macht, sind die Pistenkilometer nicht so wichtig», sagt der Präsident des Verbands Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS). Wer jedoch eine Woche oder länger in den Winterurlaub fährt, finde vielfältige Gebiete natürlich interessanter.
Darauf reagieren auch die deutschen Wintersportdestinationen. Aufsehenerregende Zusammenschlüsse gibt es zwar nicht – häufig versuchen Seilbahnbetreiber jedoch zusammenzuarbeiten und mit gemeinsamen
Skipässen mehr Vielfalt bereitzustellen.
Verbünde als Antwort auf die Nachfrage
«So bekommen Gäste auch eine vernünftige Anzahl von Pistenkilometern zur Verfügung», sagt Schöttl. Sie müssen dafür zwar mal ins Auto oder in den Skibus steigen, um ins nächste Gebiet zu kommen. Dennoch: Die Verbundtickets sind laut Schöttl ein Trend der vergangenen Jahre.
Beispiele für solche Verbünde gibt es einige: Etwa das Skigebiet
Oberstdorf Kleinwalsertal, wo sich sechs Seilbahnen unter einem Dach vermarkten und gemeinsam einen Skipass vertreiben. Hierzu gehört auch die Nebelhornbahn Oberstdorf, wo Schöttl Vorstand ist.
Investitionen in den Bestand
Doch Vergrößerung ist nicht alles. Wichtiger ist den Angaben nach häufig die Verbesserung des Status quo. Kräftig investiert wird in Beschneiungsanlagen, denn die Weihnachtssaison kommt eigentlich immer zu früh für die Gebiete, weil es bis dahin oft noch nicht ausreichend geschneit hat. Die Gäste erwarten aber weiße Pisten – das lässt sich meist nur mit viel Kunstschnee realisieren.
Manche Lifte und Gondeln sind außerdem veraltet oder werden dem Gästeansturm nicht mehr gerecht. Entsprechend bauen viele Betreiber an gleicher Stelle eine neue, leistungsfähigere Verbindung. So nahm etwa im Dezember 2017 an der Zugspitze eine neue Seilbahn ihren Betrieb auf, die pro Stunde mehr als doppelt so viele Gäste hinauf zu Deutschlands höchsten Berg befördern kann als die alte Bahn von 1963.
Entwicklung in den Skiräumen oft abgeschlossen
Neue Pisten oder gar neue Gebiete sind in Deutschland in den vergangenen Jahren jedenfalls nicht entstanden, berichtet Schöttl. Generell ist im alpinen Raum die Entwicklung in den Skiräumen oft mehr oder weniger abgeschlossen. Erschließungsverbote lassen häufig keinen weiteren Ausbau innerhalb der Gebiete zu – als Option bleiben dann noch Zusammenschlüsse wie in Arlberg oder im Salzburger Land.
In den Alpen, und das ist ebenfalls ein Trend, gilt der Fokus zudem längst nicht mehr nur dem Winter. Wandern, Mountainbiking, Klettern: Die Gäste kommen immer öfter zu anderen Jahreszeiten. Zwar entfalle 70 Prozent des Jahresumsatzes auf die Wintersaison, erklärt Andreas Keller von den Seilbahnen Schweiz. Der Sommer habe in den letzten Jahren aber stetig an Bedeutung gewonnen.
Gebiete werden im ganzen Jahr genutzt
Viele Regionen und damit Bergbahnen in der Schweiz entwickelten sich in Richtung Ganzjahresziel. Keller stellt aber klar: Der Winter wird auf absehbare Zeit die wichtigste Saison bei den Eidgenossen bleiben – allen Klimaveränderungen zum Trotz. «Die Schweiz hat im Vergleich zu anderen Ländern höhere Skigebiete, die auch künftig bestens geeignet für den Wintersport sind», betont er.
(dpa/tmn)