Wendet sich Italien gegen Deutschland und die EU?

Der Nachfolger von Silvio Berlusconi im Amt des italienischen Ministerpräsidenten, Mario Monti kritisiert Deutschland und Frankreich wegen ihrer Rolle in der Euro-Krise. Der Zeitung „Die Welt“ sagte Monti außerdem, er befürchte anti-europäische Proteste als Reaktion auf die Schuldenkrise in seinem Land.Italiens Ministerpräsident Monti, der am Mittwoch in Berlin mit Bundeskanzlerin Merkel zu Gesprächen über die EU-Schuldenkrise zusammentrifft, übte Kritik am Vorgehen Deutschlands und Frankreichs. Das Duo Merkel, Sarkozy wird gemeinhin in der Rolle des Zugpferdes bei den europäischen Reformen zur Entspannung der Krise wahrgenommen. Die beiden Staatschefs Merkel und Sarkozy hatten sich am Montag zum Thema Fiskalpakt, welcher die Euro-Länder zu größerer Haushaltsdisziplin anhalten soll, beraten.  

Deutschland solle sich „nicht allzu sehr erheben“

Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy hatten am Montag bei einem Treffen in Berlin ihre Linie für den am 30. Januar anstehenden EU-Sondergipfel aufeinander abgestimmt und Fortschritte beim geplanten Fiskalpakt gemacht. Italiens Ministerpräsident Monti ist allerdings der Meinung, Deutschland und Frankreich hätten selbst den schlimmsten Fehler gemacht als sie 2003 die Maastricht-Kriterien missachtet hätten. „Beide Länder sollen sich daher nicht allzu sehr erheben“, empfahl Monti mit Blick auf Forderungen nach strikterer Schuldendisziplin.

Merkel und Sarkozy können die EU nicht alleine meistern

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy „würden einen schweren Fehler machen, wenn sie glaubten, sie alleine könnten die EU meistern“, sagte Monti. „Europa muss mehrere Zentren haben. Und Italien ist eines von ihnen.“ Er fügte hinzu:“Wir sind ein starkes, ein stolzes Land, und wir haben eine im Prinzip effektive Wirtschaft.“ Zugleich lobte Monti Deutschland: Er habe „immer für ein Italien gearbeitet, das so weit als möglich Deutschland ähneln soll“. Der italienische Regierungschef: „Ich mag Deutschland sehr. Vor allem wegen seiner grössten Errungenschaft, der sozialen Marktwirtschaft.“

Italien muß bedeutendere Rolle zukommen

In seinem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ forderte der italienische Ministerpräsident auch eine wichtigere politische Rolle für Italien innerhalb der EU. „Die gute Kooperation des französisch- deutschen Tandems ist eine notwendige Voraussetzung für Europas Fortentwicklung. Aber das reicht nicht, schon gar nicht in einem Europa der 27.“

Monti befürchtet anti-europäische Proteste in Italien

Zusätzlich zu seiner Kritik an Merkel und Sarkozys Vorschlägen zur europäischen Fiskalpolitik mahnte Monti auch, dass sich in der EU-Schuldenkrise nun bald etwas tun müsse. „Wenn es für die Italiener in absehbarer Zeit nicht greifbare Erfolge ihrer Spar- und Reformbereitschaft gibt, wird in Italien ein Protest gegen Europa entstehen – auch gegen Deutschland, das als Anführer der EU-Intoleranz gilt, und gegen die Europäische Zentralbank“, sagte er der Zeitung „Die Welt“.

Italien könnte sich gegen die EU wenden

Als Konsequenz seiner Reform-und Sparpläne fordere er „von den Italienern schwere Opfer – diese kann ich ihnen aber nur abverlangen, wenn sich dafür konkrete Vorteile abzeichnen“, sagte Monti. Als Beispiel für ein Entgegenkommen der Europäischen Union nannte er eine Senkung des Zinssatzes. Monti warnte: „Ich kann aber mit meiner Politik keinen Erfolg haben, wenn sich die Politik der EU nicht ändert. Und wenn das nicht geschieht, könnte Italien – das immer ein sehr europafreundliches Land gewesen war – in die Arme von Populisten flüchten.“