«Verfluchte Saison»: Bayer kämpft gegen den Absturz

Leverkusen (dpa) – Seit zwei Jahrzehnten spielt Bayer Leverkusen um Meisterschaften, Europacup-Teilnahmen und zusätzliche Millionen-Einnahmen. Doch am Samstag beim FC Ingolstadt (15.30 Uhr) steht für den Werksclub das wichtigste Spiel seit langem auf dem Programm.

Und im Fall einer Niederlage folgen zwei (oder sogar vier) noch viel wichtigere Partien. Denn dem Europacup-Stammgast der vergangenen Jahre drohen die Relegation und der erste Abstieg nach fast 40 Jahren Bundesliga. Das wäre ein tiefgreifender Einschnitt bei den erfolgsverwöhnten Rheinländern.

Schon vor Wochen sprach der inzwischen selbst in die Kritik geratene Sportchef Rudi Völler von einer «verfluchten Saison». Seitdem hat sich die Lage weiter dramatisch zugespitzt: Verliert Bayer am Samstag, droht zwei Spieltage vor dem Saisonende der Absturz auf Platz 15. Und durch Ingolstadts Punktgewinn wäre dann sogar der direkte Abstieg eine reale Bedrohung.

Völler fallen in der brisanten Situation und Stimmungslage derzeit nur noch Durchhalteparolen ein. Die zwei Niederlagen zuletzt «sprechen nicht für uns», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger»: «Trotzdem haben wir alles in der eigenen Hand und müssen das nutzen.» Wie das gelingen soll, diese Antwort blieben die Verantwortlichen bislang schuldig. Das Kurz-Trainingslager, das der Verein offenbar plant, wirkt wie eine Panik-Aktion.

Der langjährige Manager Reiner Calmund glaubt zwar, dass Bayer sich rettet, sagte im «Welt»-Interview aber auch: «Das Spiel in Ingolstadt ist ein Schlüsselspiel. Wenn sie das verlieren, brennt die Luft.» Es gehe jetzt «um die Nerven, um den Kampf. Nur ist das alles nicht so einfach, wenn du ein Team hast, von dem du glaubst, dass es die Qualität für das obere Tabellendrittel hat», sagte Calmund. «Doch nun hängen die Jungs unten drin und müssen sich mit einem Thema beschäftigen, das ihnen fremd ist.»

Bei einer Niederlage in Ingolstadt stünde erneut Völlers Jobgarantie für den erfolglosen Trainer Tayfun Korkut auf dem Prüfstand. Der Coach holte von 24 möglichen Punkten gerade einmal sechs. Dass Korkut die falsche Wahl als Nachfolger von Roger Schmidt war, an dem bereits zu lange festgehalten wurde, ist längst offenkundig. Damit rückt automatisch auch Völler ins Zentrum der Kritik.

Das ist dem Weltmeister von 1990 und früheren DFB-Teamchef durchaus bewusst. «Ich bin zunächst einmal fest überzeugt davon, dass wir drin bleiben. Aber dann werden wir uns der Kritik stellen müssen, auch ich selbst», sagt Völler. «Die Kritik werde ich akzeptieren, die muss ich akzeptieren.»

Vor allem muss er dann die richtigen Personalentscheidungen treffen. Denn es könnte das komplette Korsett wegbrechen. Abwehrchef Ömer Toprak wechselt zu Borussia Dortmund, Torhüter Bernd Leno ist begehrt und will seine WM-Chancen nicht gefährden. Kevin Kampl, Julian Brandt und der bereits beim 1:4-Debakel 90 Minuten auf der Bank sitzende Javier «Chicharito» Hernandez wären in der zuletzt gezeigten Form und mit dieser Arbeitseinstellung keine Verluste, müssten aber auch erst einmal ersetzt werden.

Neuzugänge sind bisher nicht in Sicht: Wirklich hilfreiche Spieler werden ebenso wie potenzielle Trainer erst einmal den Ausgang der Saison abwarten. Im Falle eines Sieges am Samstag hätte Bayer den Klassenerhalt geschafft und dadurch Planungssicherheit. Im Falle der Relegation könnte dies bis zum 29. Mai dauern – mit ungewissem Ende.

(dpa)