Unterschätzt und ablehnungswürdig: Folter
Nach den verheerenden Anschlägen vom 11. September schienen alle Mittel recht, um die Terrorgefahr zu bekämpfen. Auch Folter gehörte dazu und wurde damals von manchem als gerechtfertigt angesehen. Nach dem jüngsten Folterbericht des US-Senats über die CIA-Praktiken in diesem Zusammenhang sieht das anders aus.
Foltern bis zur Bewusstlosigkeit und zum Tod
Auf über 6700 Seiten haben die US-Senatorin Dianne Feinstein und ihre Mitarbeiter jahrelang Erkenntnisse über die Verhörmethoden des US-Geheimdienstes zusammengetragen. Der Bericht wirft ein erschreckendes Bild auf die Zustände in Guantanamo und anderen geheimen Verhör-Gefängnissen. Folter war danach kein Einzelfall, sondern an der Tagesordnung. Insgesamt 119 Gefangene wurden in den Spezial-Gefängnissen festgehalten – davon mindestens 26, die überhaupt keinen Kontakt zu Terroristen hatten, sondern aufgrund falscher Informationen inhaftiert worden waren. Wenigstens 39 Gefangene wurden dabei bis zur Bewusstlosigkeit gequält, ein Gefangener starb nachweislich an der brutalen Behandlung. In dem Bericht kommt auch zum Ausdruck, dass die CIA bewusst den Kongress und die Öffentlichkeit jahrelang über Folterpraktiken getäuscht hat. Inwieweit der damalige US-Präsident Bush eingeweiht war oder das Vorgehen sogar autorisiert hat, ist noch nicht klar.
Ein breites Arsenal an Methoden
Der Bericht befasst sich auch intensiver mit den Foltermethoden. Als besonders extremes Mittel wurde das sogenannte ‚Waterboarding‘ eingesetzt – das simulierte Ertrinken des Gefangenen bis hin zum Beinahe-Ertränken. Aber der Instrumenten-Kasten hielt auch noch anderes parat: systematischen Schlafentzug, Nacktausziehen, Unterkühlung, Einsperren in enge Kisten, brutale Fesselungen, rektale Zwangsernährung, Schläge, Todesdrohungen – die Liste ist lang. Nicht immer ging es darum, körperliche Schmerzen zuzufügen oder Angst zu erzeugen. Auch die gezielte Demütigung war eine Methode, um Gefangene zum Sprechen zu bringen. Die psychischen Folgen waren nicht selten gravierend: manche Opfer erlebten Halluzinationen, Paranoia, fortgesetzte Schlaflosigkeit oder neigten später dazu, sich selbst zu verletzen. Das Ausmaß und die Härte der Folterung hat viele überrascht und entsetzt.
Dass die ausgeübte Folterpraxis sich nicht im Einklang mit der US-Verfassung befand, steht nach der Vorlage des Berichtes inzwischen fest. Und noch eines bringt der Report zum Ausdruck: die Anwendung der Folter war nicht erfolgreich. Nicht selten führte sie sogar zu Phantasie-Geständnissen aus Angst vor weiteren Qualen, die dann andere Unschuldige ins Fadenkreuz der CIA geraten ließen. Unter dem Strich war die Folterpraxis daher nicht nur verfassungswidrig und ethisch verwerflich. Sie verfehlte auch ihren eigentlichen Zweck.
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