So leben wir nachhaltiger

Berlin – Weniger Autofahren, anders einkaufen oder Müll vermeiden: «Wer sich im Alltag umweltfreundlich verhält, der bewirkt immer etwas», sagt Christine Wenzl, Expertin für Nachhaltigkeit beim
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Denn das eigene Verhalten kann andere auf neue Ideen bringen und dazu führen, dass Umweltbewusstsein normaler wird. Wenn die Kinder begeistert von der Wald-Rallye oder einer Fahrradtour erzählen, erfahren auch die Freunde, wie viel Spaß das machen kann.

Mobilität hinterlässt ökologische Spuren

Oft sind es kleine Veränderungen, die ökologisch einen großen Effekt haben. «Unser Fleischkonsum und Fernflüge sind solche Big Points», sagt Wenzl und bezieht sich dabei auf Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) zur Menge klimaschädlicher Gase, die jeder durchschnittlich verursacht. Allein 23 Prozent davon gehen auf das Konto unserer Mobilität – vor allem Autoverkehr und Flugreisen. Fährt eine vierköpfige Familie mit der Bahn in den Urlaub, statt zu fliegen oder Auto zu fahren, fällt das also ins Gewicht.

Übermäßiger Fleischkonsum

Die Ernährung schlägt laut UBA mit 13 Prozent der klimaschädlichen Gase pro Kopf zu Buche. Getreide, Obst und Gemüse belasten die Umwelt weniger als Fleisch und Milchprodukte. Am besten sind Bioprodukte aus der Region. Tatsächlich essen die Deutschen aber viel zu viel Fleisch, nämlich jährlich mehr als 60 Kilogramm pro Person. Das ist doppelt so viel wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen. Wer Würstchen öfter mal durch Gemüseburger ersetzt und nur noch einmal wöchentlich Fleisch auf den Tisch bringt, lebt also auch gesünder.

Als Familie keinen Müll mehr zu verursachen, das klingt utopisch. Stefanie Rassow-Kießling hat es ausprobiert und das Projekt «
zerowaste» gestartet. Ein Jahr lang wollte sie zusammen mit ihrem Mann und den zwei Kindern möglichst müllfrei leben. Seitdem kauft sie anders ein und stellt vieles selbst her. Statt in Plastik verpackte Kekse gibt es Selbstgebackenes und Gummibärchen aus der Großpackung. Obst, Gemüse und Brot landen beim Einkaufen nicht mehr in der Tüte, sondern im Stoffbeutel, und der Käse direkt in der mitgebrachten Dose.

Verzicht und ein umstrukturierter Einkaufsplan

Heute, vier Jahre später, sind die Kießlings zu fünft und ihr jährlicher Restmüll passt in eine 40 Liter-Tonne. Trotz kleinem Budget sind sie während des «zerowaste»-Projekts auf Biolebensmittel umgestiegen. Weil sie zusammen mit anderen Familien Großpackungen kaufen, ist das bezahlbar. Außerdem hat die Familie gemerkt, dass vieles, was vorher im Einkaufswagen landete, schlicht überflüssig ist. «Wir sparen wahnsinnig viel Müll und auch Geld, indem wir weniger konsumieren, also Dinge einfach nicht kaufen», sagt Stefanie Rassow-Kießling.

Genauer hinzuschauen, was man wirklich braucht, dafür plädiert auch Daniel Fischer, der als Professor für Nachhaltigkeit und Bildung an der Arizona State University lehrt. «Wir sollten herausfinden, auf welche Weise sich unsere Bedürfnisse besser befriedigen lassen als über Konsum», so Fischer. Ein gemeinsamer Ausflug beispielsweise kann für Kinder wertvoller sein als teures Spielzeug. Kleine Aktionen im Alltag, wie zusammen Obst zu ernten und daraus Apfelmus oder Marmelade zu kochen, machen ebenfalls Spaß. Spielzeug gibt es auch gebraucht in guter Qualität, zum Beispiel auf dem Flohmarkt oder auf Tauschpartys.

Leihen, tauschen und reparieren

Leihen statt kaufen, das ist umweltfreundlich und außerdem günstig. Inzwischen funktioniert es in vielen Lebensbereichen, auch bei Kleidung. Mehrere Anbieter vermieten zum Beispiel Kinderkleidung über das Internet, einer davon ist «
Räubersachen». Das Team um Gründerin Astrid Bredereck will mit in Europa gefertigter Ökokleidung ein Gegengewicht zur Jagd nach dem nächsten Schnäppchen schaffen. Zwölf Kilo Kleidung kauft jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr. Die «Räubersachen» dagegen sollen so oft wie möglich getragen werden. «Darum werden sie bei uns sorgfältig repariert und gepflegt», sagt Bredereck. Für die Kunden spart das Klamottenleihen nicht nur Geld, sondern auch noch Platz im Kleiderschrank.

Erscheint es auch erst mühsam, eingespielte Verhaltensweisen zu ändern, ist es langfristig oft bereichernd. «Umweltschutz kann das Leben auch einfacher machen», sagt Wenzl. Ist das Kinderzimmer nicht so überfüllt, geht es zum Beispiel auch mit dem Aufräumen schneller.


(dpa/tmn)

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