Neuzugang Brandt will beim BVB weiter reifen

Bad Ragaz – «Super-Schnäppchen», «nächster Jogi-Star», «außergewöhnliches Talent» – der Wechsel von Julian Brandt aus Leverkusen nach Dortmund sorgte für knallige Schlagzeilen.

In der Top-Zehn-Rangliste einer großen Boulevardzeitung mit den besten Transfercoups des Sommers rangierte der 25 Millionen Euro teure Fußball-Nationalspieler unlängst sogar auf Rang eins – noch vor gestandenen Stars wie den Weltmeistern Lucas Hernández (München) und Mats Hummels (Dortmund). Dass mit solchen Einschätzungen die Erwartungshaltung wächst, bereitet Brandt keine Probleme: «Mit so etwas komme ich eigentlich gut klar. Da bin relativ gelassen.»

Viel wird davon abhängen, wie Brandt mit diesem Druck umgeht. Anders als bei seinem bisherigen Verein aus Leverkusen, zu dem er 2014 als 17-Jähriger gewechselt war und in dem er in Ruhe reifen konnte, ist er im Dortmunder Edelkader im Kampf um einen Stammplatz auf Anhieb gefordert. «Einen Unterschied habe ich extrem bemerkt. Dass wir in Dortmund eine große Bandbreite an Qualität haben», bekannte er. Dem gestiegenen Konkurrenzkampf sieht er jedoch zuversichtlich entgegen: «Im Moment habe ich hier viel Spaß. Und ich denke, das wird auch so bleiben.»

Der 23-Jährige gilt als großes Versprechen für die Zukunft. Seine Variabilität, sein Tempo und sein technisches Vermögen haben ihn zu einem von vielen Clubs begehrten Mittelfeldspieler gemacht. Bei seiner Verpflichtung machte sich die Hartnäckigkeit von BVB-Sportdirektor Michael Zorc bezahlt. Noch 2014 hatte sich Brandt gegen die Borussia entschieden und war aus Wolfsburg nach Leverkusen gewechselt, weil er dort größere Einsatzchancen sah. Jahre später bemühte sich Zorc erneut vergeblich um eine Zusage des mittlerweile etablierten Bundesliga-Profis. Erst in seinem dritten Versuch gelang der Transfer.

Dabei leistete Marco Reus Schützenhilfe. In gemeinsamen Tagen bei der Nationalmannschaft riet er Brandt zu einem Wechsel: «Ich habe ihm unsere DNA erklärt und ihm gesagt, dass wir hier etwas Großes erreichen können.» Diese Lobbyarbeit des BVB-Kapitäns für seinen Club war keine Selbstverständlichkeit. Schließlich könnte Brandt zu einem direkten Konkurrenten auf seiner Lieblingsposition im zentralen offensiven Mittelfeld werden. Dennoch sieht Reus mehr Vorteile als Risiken: «Mit Julian sind wir flexibler und schwerer auszurechnen. Das bringt mehr Freiheiten für alle.»

Unter der Regie des ehemaligen BVB-Trainers Peter Bosz spielte der in Leverkusen von der Außen- auf die 10er-Position beorderte Brandt in der vergangenen Rückrunde groß auf. Mit sechs Treffern und elf Assists trug er dazu bei, dass die Bayer-Elf am Ende doch noch in die Champions League einzog. Einen Anspruch auf einen Stammplatz als Spielmacher beim BVB leitet er daraus jedoch nicht ab. «Ich weiß, dass diese Frage nach meiner künftigen Position im Raum steht. Meine ehrliche Antwort ist: Am Ende bin ich glücklich, wenn ich auf dem Platz stehe. Das ist für mich das A und O.»

Anders als die Vereinsführung meidet Brandt zwar das M-Wort, hält den BVB-Kader aber für konkurrenzfähig: «Ich will den Druck nicht größer machen, als er schon ist. Aber die Qualität ist vorhanden, in allen drei Wettbewerben ein Ausrufezeichen zu setzen.» Reus sprach dagegen erneut offen von der Meisterschaft als Ziel. Mit Blick auf die Neuzugänge sagte er dem «Kicker»: «Mit unserer neuen Mannschaft ist die Chance gestiegen, dass wir 2020 den Titel holen. Wir müssen sie nur beim Schopf packen.» Dabei soll auch Brandt helfen.


(dpa)

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