Mehr Bürger sollen Organe spenden
Nach 15 Jahren Debatte ist eine Reform der Organspenden in greifbarer Nähe. Die Regierung will die Eintragung der Spendenbereitschaft erleichtern und die Pro-Organspender, denen bisher der Mut zur Eigeninitiative fehlte, ermuntern.
„Jeder, der sich für eine Organspende entscheidet, bürdet diese Entscheidung womöglich nicht seinen Angehörigen auf. Es ist besser, sich selbst zu Lebzeiten zu entscheiden“, erklärte Gesundheitsminister Daniel Bahr.
Am Donnerstagabend hatten sich Koalition und Opposition geeinigt. Derzeit hoffen in Deutschland rund 12 000 Menschen auf ein Spenderorgan; ungefähr 1000 von ihnen sterben jährlich.
„Nachdruck darf sein- Zwang darf nicht sein!“
so kommentierte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der selbst seiner Frau eine Niere spendete und auf diesem Wege die Diskussion entscheidend beeinflusste, die Ergebnisse der Reform.
Neuerdings sollen die privaten und gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichtet werden, ihren Mitgliedern Informationen und Organspendeausweise zu schicken. Auf diesen bereits bestehenden Ausweisen kann angekreuzt werden, ob man nach dem Tod spenden will, und wenn ja, welche Organe, bzw. ob man nicht spenden will.
Bahr-Sprecher Christian Albrecht erläuterte, es gehe darum, die Debatte in den Familien anzustoßen.
Des Weiteren sollen die Versicherten ihre Spendenbereitschaft auch auf ihrer Karte eintragen können. Dies wird aber frühestens ab 2014 technisch machbar sein. Trotzdem wird es auch weiterhin möglich sein, seine Bereitschaft auf Papier niederzulegen.
Aufgrund von Bedenken der Grünen erhalten die Krankenkassen aber nicht die Möglichkeit, die Information selbst auf die Versicherungskarte zu schreiben. In dieser schwierigen ethischen Frage sollten die Kassen den Willen des Patienten nicht kennen.
Falls jemand Hilfe beim Ausfüllen des Spenderausweis‘ braucht, können die Kassen ihn unterstützen, aber die Eintragung muss der Spendenwillige selbst machen.
Der Gruppenantrag aller Fraktionen wird jetzt vier Wochen im Umlauf sein und Ende März offiziell in den Bundestag eingebracht werden.
Neues Transplantationsgesetz
Parallel zu der Organspendereform wird ein gesonderte Transplantationsgesetz diskutiert.
Geplant ist, dass es in Krankenhäusern spezielle Transplantationsbeauftragte gibt, die sich ausschließlich mit der Thematik beschäftigen. Generell sollen nun Hirntote für eine mögliche Organentnahme identifiziert und mit den Angehörigen über eine Spende geredet werden.
„Geplante Reform sei unzureichend“
Dies kritisierte vor allem der hessische Sozialminister Stefan Grüttner (CDU). So biete die neue Reform keine Lösung für Menschen, die sich während ihren Lebenszeit nicht entschieden hätten. Die Bundesärztekammer erwiderte, dass natürlich auch andere Lösungen denkbar seien, etwa eine Widerspruchslösung, d.h. der Bürger hätte während seines Lebens aktiv einer Spende widersprechen müssen. Derartige Lösungen bekämen aber im Bundestag nie eine Mehrheit, daher bringe es nichts, zu meckern.
Bisher musste die Spendenbereitschaft per Ausweis oder gegenüber den Angehörigen in Eigeninitiative erklärt werden. Rund 1200 Menschen spendeten 2011 nach ihrem Tod ihre Organe, und 878 einen Leberlappen oder eine Niere zu Lebzeiten.