Keine Hertha-Hilfe: Bayer ringt um Königsklasse und Havertz
Berlin – Die Mimik von Kai Havertz sagte alles. Missmut und Ärger lagen in seinem jungen Gesicht. Bayer Leverkusen droht im Saisonendspurt alle Ziele zu verfehlen.
Die erneute Qualifikation für die Champions League scheint nach dem 0:2 im Berliner Dauerregen fast schon passé. Die erhoffte Weiterbeschäftigung von Havertz um zumindest ein Jahr rückt damit auch in weite Ferne. Denn: Ohne Königsklasse gibt es ziemlich sicher keinen Havertz mehr unter dem Bayer-Kreuz.
Trainer Peter Bosz fasste die Niederlage gegen eine erstaunlich charakterfeste Hertha mit einem Wort zusammen: «Enttäuschend». «Das Einzige, was wir machen können, ist, das nächste Spiel zu gewinnen. Dann müssen wir abwarten», sagte der Niederländer. Auf Bruno Labbadia wird sich Leverkusen dabei nicht verlassen können.
Der Berliner Coach sprach vom Bemühen eines für Bayer notwendigen Hertha-Erfolgs auch bei Borussia Mönchengladbach am letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga. Aber: «Ich würde gerne vieles versprechen, aber ich verspreche nur das, was ich halten kann», sagte Leverkusens Ex-Coach Labbadia.
Mit einem Hauch des Berliner Einsatzwillens hätte Leverkusen seine gute Ausgangslage im Rennen um einen Königsklassen-Platz gegen die Hertha, die nur noch fürs Renommee spielte, nicht riskieren müssen. Jetzt hilft nur noch ein Sieg gegen Mainz 05 und ein Gladbacher Straucheln gegen Berlin, um über die Liga in die Champions League einzuziehen.
Möglicherweise hatte ausgerechnet Rudi Völler eine positive Bayer-Problematik schon vor dem Anpfiff kundgetan. In zwei Wochen spielt Bayer schon wieder in Berlin. Dann geht es um den DFB-Pokalsieg gegen den FC Bayern. «So richtig was in der Hand hatten wir dann doch eher nicht. Einen Pokal mal in der Hand zu halten, wär schon etwas Tolles», beschrieb der Sportdirektor im Sky-Interview eine nachvollziehbare Sehnsucht.
Havertz dürfte ein Cup-Erfolg aber kaum zum Bleiben bewegen. Der mit dem FC Bayern und diversen europäischen Top-Clubs in Verbindung gebrachte Mittelfeld-Genius will ganz oben mitspielen. Bayer braucht das Geld aus der Königsklasse, um ihn ökonomisch vertretbar halten zu können. Bei einem Vertrag bis 2022 würde die Marktwertkurve von den einst gehandelten 100 Millionen Euro weiter nach unten rauschen.
Die Spurensuche nach der verlorenen Form beschäftigte auch Bosz, obgleich ihm die präsentierte Rechnung von nur sieben Punkten aus den vergangenen sechs Spielen missfiel. «Ich mag diese Sache nicht so, dass man auf diese Weise nach Punkten guckt», sagte er. Und gestand doch: «Nach der Corona-Pause haben wir vielleicht nicht mehr so dominant gespielt, wie wir das vorher gemacht haben, das kann sein.»
Einen möglichen Umweg in die Champions League gibt es für Bayer noch. Als Sieger des NRW-Heimturniers in der Europa League wäre man auch in der Königsklasse dabei – auch dies ist wie das Schielen nach dem Pokalsieg freilich ein Vabanque-Spiel. Bei diesem soll Havertz in jedem Fall noch dabei sein, kündigte Völler an. Ein Transfer vor dem August-Termin wie im Falle von Leipzigs Timo Werner zum FC Chelsea komme für Bayer nicht infrage. Das hält Völler «in einer schwierigen Zeit» für «selbstverständlich».
(dpa)