Italien: Corona-Regeln am Strand sorgen für Verwirrung
Cagliari – Kilometerlange Strände. Verlassene Buchten. Frische Meeresluft, keine Menschenseele. Wenn man sich irgendeinen Ort vorstellt, an dem man sicher vor dem Coronavirus ist, dann hier.
Sardinien ist dünn besiedelt. Es gibt viel Platz und viel Natur. Und die Insel gehört zu den italienischen Regionen, die kaum von der Lungenkrankheit Covid-19 betroffen sind. Dennoch ist alles dicht, kein Tourist weit und breit.
Auf Sardinien soll sorgloser Urlaub möglich sein
Das soll sich ändern. «Sardinien ist Covid-frei», sagt Regionalpräsident Christian Solinas. «Wir wollen alles tun, damit alle Besucher einen sorglosen Urlaub in Sicherheit verbringen können.» Insgesamt gab es hier zumindest nach offiziellen Zahlen nur etwa 1300 Corona-Fälle, rund 120 Menschen sind gestorben. Im Vergleich: In ganz Italien sind es fast 32.000 Tote und mehr als 223.000 Infektionen. «Sardinien zahlt den Preis für die schrecklichen Bilder aus Norditalien», sagt Solinas. Er wirbt nun dafür, dass auch Touristen aus Deutschland wieder kommen.
Dazu sollen alle Einreisenden einen Test vorlegen, dass sie nicht Corona-infiziert sind. Doch wie das in der Praxis umzusetzen ist, ist unklar. Nicht jeder wird vorab zum Arzt laufen und wegen eines Sardinien-Urlaubs nach einem Test fragen wollen. Es soll auch Testmöglichkeiten in Hotels oder am Flughafen geben, erklärt Solinas. Wie genau das funktionieren soll, ist ebenso ungeklärt.
Nur wenige Krankenhäuser
Einen größeren Corona-Ausbruch kann sich die Insel mit ihren wenigen Krankenhäusern jedenfalls nicht leisten. Die Ankündigung steht im Gegensatz zu den wenigen Tests, die bei den Einwohnern der Insel durchgeführt wurden. Aber es zeigt: Touristen tun Not. Im Juni sollen internationale Flugverbindungen wieder starten.
Sardinien ist eine arme Region, die Arbeitslosigkeit ist hoch, Industrie gibt es quasi nicht. Der Tourismus trägt 14 Prozent zur Wirtschaftsleistung Sardiniens bei, so Solinas.
Vor allem der Sommertourismus ist der Wirtschaftstreiber. «Wenn der ins Wasser fällt, verdienen viele bis zum nächsten Sommer nichts mehr», sagt Touristenführerin Claudia Castellano. Die Mutter zweier Kinder hat derzeit keinerlei Einnahmen. Sie hat staatliche Hilfen beantragt. Doch bisher ist nichts angekommen. Sie ärgert sich über die vielen Regelungen, die kein Mensch mehr verstehe. «Wir durften zwei Monate nicht mal an den Strand. Überall Kontrollen und Helikopter, die über uns schweben.» Es sei wie in einem Polizeistaat, «in dem nicht mal die Polizisten wissen, was erlaubt ist. Man ist ihnen ausgeliefert.»
Landesweiter Leitfaden für den Strandbesuch
Der Blick in den Regelkatalog ist verwirrend. Auch für den Besuch am Strand wurde ein komplexer Leitfaden vorgelegt, der in ganz Italien gelten soll. Jeder Sonnenschirm soll einen Platz von zehn Quadratmetern um sich herum haben. Sonnenliegen ohne Sonnenschirm müssen 1,5 Meter voneinander entfernt stehen und nach jedem Besitzerwechsel desinfiziert werden. «Covid-Manager» sollen in Strandbädern für Distanz und Hygiene sorgen. Umkleidekabinen sollen nur mit Familienangehörigen und nicht mit Freunden geteilt werden. Am Eingang von Strandbädern kann auch die Temperatur mit einem Thermoscanner gemessen werden.
Aus einer anderen Region, Ligurien, kam sogar die Idee, Badende mit elektronischen Armbändern auszustatten, die vibrieren, wenn man sich dem Nachbarn zu sehr nähert.
Ob die Urlauber aus dem Ausland dieses Jahr wieder in Scharen kommen werden, ist ungewiss. Zu sehr hat das Image von Italien in der Corona-Krise gelitten. «Dies wird eine Saison mit vielen unsicheren Variablen», erklärt der Strandbadbetreiber-Verband Federbalneari. Er schätzt, dass 50 Prozent weniger als im Vorjahr eingenommen wird.
Die Angst in Italien ist groß, dass Touristen eher weniger betroffene Mittelmeerländer wie Griechenland oder Kroatien bevorzugen. Daher hat die Regierung in Rom nach zwei Monaten striktem Lockdown auf Lockerung umgeschaltet: Ab 3. Juni soll die Einreise aus dem Ausland wieder erlaubt sein.
Museen in Italien dürfen öffnen
Museen und Sehenswürdigkeiten dürfen in Italien nach mehr als zwei Monaten Corona-Sperre ab diesem Montag wieder öffnen – wenige tun es aber auch gleich am ersten Tag. Das Kolosseum in Rom werde erst Ende Mai aufmachen, teilte eine Sprecherin am Wochenende mit. Bis dahin würden strenge Sicherheitsregeln umgesetzt, dann sollen zum Beispiel Thermoscanner zum Temperaturmessen zum Einsatz kommen.
Auch die Vatikanischen Museen, eines der meistbesuchten Museen der Welt, oder die Ausgrabungsstätten in Pompeji bereiten sich auf eine Öffnung vor. In Venedig soll der Dogenpalast erst ab Juni wieder zugänglich sein, die Galleria dell’Accademia in Florenz mit Michelangelos David will am 2. Juni öffnen.
In Ausstellungen und Museen gelten dann strenge Abstandsregeln, es darf nur eine begrenzte Zahl an Besuchern hinein.
Einige Häuser wollen schon die anstehende Woche öffnen, darunter am Dienstag (19. Mai) in Rom die Kapitolinischen Museen. Auch die Uffizien in Florenz hoffen, schnell zu öffnen.
(dpa)