In welche Zukunft uns der Hyundai Prophecy führt
Berlin (dpa-infocom) – Zwar besitzen sie nicht so viel Prestige wie Tesla oder Audi. Doch mit viel Akribie und ein bisschen Starrsinn haben es die Schwestermarken Hyundai und Kia auf den Ranglisten für grüne Fahrzeugbauer weit nach vorn gebracht.
Mittlerweile bieten die Koreaner vom Mild- über den Plug-in-Hybrid bis hin zum Elektroauto und der Brennstoffzelle mehr Auswahl für nachhaltige Mobilität als die Konkurrenz. Nur Lust und Leidenschaft waren dabei bisher ein wenig auf der Strecke geblieben. Doch damit ist jetzt Schluss.
Denn mit der Designstudie Prophecy beweist Hyundai, dass man grüne Technik auch genussvoll inszenieren kann. Und selbst wenn es das Showcar so nie in Serie schaffen wird, ist eine Ausfahrt mit dem Einzelstück ein vielversprechendes wie nachhaltiges Erlebnis. Schließlich soll zumindest das Konzept seinen Weg auf die Straße finden.
Ohne Rücksicht auf Benziner oder Diesel entwickelt
Die Entwickler haben die Hyundai-Studie nicht nur auf einer neuen Plattform als reines Elektrofahrzeug konzipiert, sondern zeigen sich insgesamt ziemlich kompromisslos. Das gilt für das Design des knapp fünf Meter langen Viersitzers mit seiner betont strömungsgünstigen Form, die für mehr Reichweite sorgen soll. Das gilt für die ebenso effekthascherischen wie energieeffizienten LED-Felder für Front- und Heckbeleuchtung. Und das gilt vor allem für den Innenraum: Weil es vorne keinen Benziner und hinten keinen großen Tank gibt, sondern die E-Maschinen kaum größer sind als eine Ananas und die Batterien im Wagenboden verschwinden, können die Achsen weit auseinanderrücken und so viel Platz für die Passagiere schaffen.
Bis dahin ist der Prophecy noch eine vergleichsweise realistische Prophezeiung, die sich, so deuten die Koreaner an, bis zur Mitte des Jahrzehnts durchaus bewahrheiten könnte. Doch spätestens, wenn man sich durch die gegenläufig angeschlagenen Türen in die Sitze gleiten lässt, begibt man sich eher auf eine Traumreise. Denn weder kann man sich bei einem Massenhersteller wie Hyundai handgewebte Sitzbezüge aus schottischem Tartan vorstellen, noch werden sich die Sessel und alle Bedieninstrumente auf absehbare Zeit dank eines Bodyscans oder der Eingabe biometrischer Daten dem Körperbau und dem Wohlgefühl der Passagiere anpassen.
Fahren mit Joysticks
Bei der Bedienung haben die Koreaner dann noch tiefer in die Kristallkugel geschaut. Konzipiert für eine Zeit, in der autonomes Fahren zumindest unter bestimmten Bedingungen möglich ist, hat der Prophecy ein völlig neuartiges Cockpit, das wahlweise ungewohnt großzügige Ausblicke oder tiefe Einblicke bietet. Denn um den Blick nicht mit Nebensächlichkeiten wie dem Tempo oder der Reichweite vom Unterhaltungsprogramm auf dem durchgehenden Bildschirm unterhalb der Frontscheibe oder dem Panorama draußen abzulenken, lässt sich das gesamte Armaturenbrett flachlegen. Und auf das Lenkrad haben die Koreaner dabei auch gleich verzichtet. Stattdessen ragen aus der Tür und aus der Mittelkonsole zwei Joysticks hervor, mit denen man wie im Telespiel die Richtung vorgibt. Außerdem lassen sich mit den Knöpfen an diesen Konsolen die meisten der Infotainment-Funktionen steuern.
Zumindest bei den arg limitierten Geschwindigkeiten des handgefertigten Einzelstücks funktioniert das überraschend gut. Und so ungewöhnlich es im ersten Moment wirkt, dass man mit den Joysticks zwar lenkt, für Gas und Bremse aber noch klassische Pedale nutzt, so dankbar ist man für diesen Gruß aus der Gegenwart. Denn angesichts des Millionenwerts des ursprünglich für den Genfer Salon gebauten Messemodells kann ein bisschen Risiko-Minimierung und eine entsprechend schnelle Reaktion nicht schaden.
Prima Raumklima garantiert
Das Cockpit ohne Lenkrad mag zwar die auffälligste Innovation der Studie sein, doch haben die Koreaner ein paar weitere Kleinigkeiten mit teilweise noch mehr Raffinesse eingebaut – zum Beispiel die Belüftung. Sie erfolgt nicht über die Scheiben. Denn die sind fest verschlossen, doppelt verglast und mit einer speziellen Luftschicht dazwischen ebenso isoliert wie klimatisiert. Dafür gibt es im Bug zwei Ein- und im Heck zwei Auslass-Ventile, die von einem Sensor gesteuert werden. Er misst die Luftgüte im Wagen und regelt den Austausch effizienter und effektiver als jede Klimaanlage.
Fazit: So kann die Zukunft kommen
Audi e-tron, Mercedes EQC oder VW ID3 – was heute im Elektro-Segment fährt, wirkt fast schon konventionell. Doch mit der in fließende Formen gezeichneten Limousine zeigt Hyundai, dass attraktive Alternativen in den Startlöchern stehen. Und selbst wenn das Innenleben noch auf lange Sicht keine Chance hat, macht das neue Anzeige- und Bedienkonzept Lust auf neue Zeiten.
(dpa)