HSV plant Trainingscamp als Rettungsanker

Hamburg – Letzter Ausweg Trainingslager? Beim erneut in die Krise abgedrifteten Hamburger SV soll im dritten Jahr in Serie ein Camp außerhalb Hamburgs die Wende zum Guten in der Fußball-Bundesliga herbeiführen.

«Jetzt haben wir das Messer wieder am Hals», erklärte Sportdirektor Jens Todt im Fachmagazin «kicker» die von den HSV-Verantwortlichen in Erwägung gezogene Notmaßnahme, auch vor dem Heimspiel am Sonntag gegen Mainz 05 ein abgeschottetes Quartier zu beziehen. Eine Vollzugsmeldung stand Dienstagmittag aber noch aus.

«Wir wollen uns auf unser großes Ziel fokussieren. Alle zusammen. Nur so geht es», betonte Ex-Nationalspieler Todt. «Der Klassenerhalt steht über allem», erklärte zum wiederholten Mal Clubchef Heribert Bruchhagen, der angesichts der erneuerten Zittersaison bereits den nächsten Umbruch im teuren Kader in Aussicht gestellt hat.

Zuvor aber muss Trainer Markus Gisdol retten, was beim nach drei Pleiten in Serie auf den Relegationsplatz abgestürzten Traditionsclub noch zu retten ist. Immerhin: Die noch nie abgestiegenen Hanseaten haben dank der beiden ausstehenden Heimspiele gegen die punktgleichen Rivalen Mainz und Wolfsburg (20. Mai) noch alles in der eigenen Hand. Allerdings gingen in diesem Jahr gerade die Duelle mit den ebenfalls im Keller stehenden Rivalen wie Wolfsburg (Hinspiel/0:1), Ingolstadt (1:3), Darmstadt (1:2) und zuletzt Augsburg (0:4) allesamt verloren.

Gisdols Hauptaufgabe besteht nun darin, die Köpfe der Profis frei zu kriegen, die Nerven zu beruhigen und letzte Reserven zu mobilisieren. 2015 gelang dies mit dem «Geist von Malente», wo Vorgänger Bruno Labbadia vor dem Ende der regulären Saison und der Relegation gegen den Karlsruher SC gleich zweimal Quartier bezog. Im November 2016, als Gisdol Labbadias Job beim damaligen Tabellenletzten noch nicht lange inne hatte, ging es nach Barsinghausen – der HSV holte immerhin ein 2:2 gegen Werder Bremen. Danach ging es steil aufwärts.

Aus dem Rückstand nach nur zwei Punkten aus den ersten zehn Spielen wurde zwar ein Polster von zwischenzeitlich vier Zählern auf Rang 16. Das allerdings hat, wie nicht zuletzt der megaschwache Auftritt in Augsburg verdeutlichte, offenbar zum Spannungsabfall im Team geführt.

Dass es beim HSV weiterhin gilt, Fehler anderer bei der Kaderplanung auszubügeln, will Bruchhagen trotz eigener Sparvorgaben konsequent fortsetzen. «Wir werden den Kader zur nächsten Saison deutlich verändern», sagte der Vorstandsvorsitzende dem «Hamburger Abendblatt». Und dies ungeachtet der Tatsache, dass allein in dieser Spielzeit knapp 45 Millionen Euro für neue Akteure ausgegeben wurden. HSV-Investor und -Fan Klaus-Michael Kühne, ohne dessen Finanzspritzen viele Deals gar nicht zu bewerkstelligen gewesen wären, hat bereits frisches Geld für den wankenden Club in Aussicht gestellt.

Dass die weiteren Millionen in einen Erstklässler HSV fließen werden, steht für Vereins-Ikone Willi Schulz außer Frage. «Die Mannschaft hat ihre Qualität schon oft unter Beweis gestellt. Wir werden unsere Heimspiele gewinnen», erklärte der als «Worldcup-Willi» bekannt gewordene Ex-Nationalspieler. Er erwartet, dass schon auf Augsburg eine Trotzreaktion folgen wird. «So eine heftige Niederlage rüttelt auf. Ich bin sicher, dass die Jungs jetzt hellwach sein und gegen Mainz 05 alles geben werden», sagte der 78 Jahre alte Ex-HSV-Profi.


(dpa)

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