HSV-Krise: Zweifel an Gisdol nehmen zu
Hamburg – Wende oder Ende? Nach dem Fehlstart ins neue Jahr verstärken sich die Zweifel an HSV-Trainer Markus Gisdol.
Das Kellerduell in der Fußball-Bundesliga zwischen dem Vorletzten Hamburger SV und dem Letzten 1. FC Köln am Samstag könnte zum Entscheidungsspiel für den 48-Jährigen werden. «Eine Trainerdiskussion gibt es nicht», beteuert Sportchef Jens Todt zwar, in der Öffentlichkeit wird diese aber kräftig befeuert. «Ist der Retter noch zu retten?» fragt die «Bild»-Zeitung, «Ist Gisdol am Ende?» heißt es bei der «Hamburger Morgenpost». Allgemeiner Tenor: Nur ein Punktedreier kann den seit fünf Spielen sieglosen Gisdol retten.
Der Coach selbst lässt sich nichts anmerken von der Diskussion um seine Person. Er spüre kein Misstrauen, versichert er. «Das trifft mich nicht persönlich.» Denn wenn es nicht laufe, werde immer über den Trainer diskutiert. «Das ist Teil unseres Geschäfts.»
In Heribert Bruchhagen hat er einen Fürsprecher. Man müsse nicht über den Trainer reden, betont der Vereinschef. Denn der 69-Jährige hat sich Ruhe und Kontinuität im Verein zur Grundaufgabe gesetzt. Seine Befürchtung: Ein erneuter Trainerrauswurf würde den HSV in der Öffentlichkeit wieder als Chaos-Club dastehen lassen. Das hasst Bruchhagen wie die Pest.
Dennoch lässt sich der erfahrene Fußball-Funktionär eine Hintertür offen. «Wir entscheiden immer danach, was das Beste für den HSV ist», sagte er nach dem 0:1 beim FC Augsburg. Das kann man auch als vorsichtige Abkehr von der bisher nibelungentreuen Rückendeckung für den Coach interpretieren. Immerhin hatte der am 26. September 2016 für Bruno Labbadia geholte Fußballlehrer die tief im Abstiegskeller steckende Mannschaft letzte Saison noch retten können.
Von Gisdols angestrebter Weiterentwicklung des Teams ist nichts zu sehen. Auch dass das HSV-Offensivkonzept partout nicht aufgehen will (15 Tore in 18 Spielen), kann man dem Trainer anlasten. Gisdol sieht die Lösung im schnellen Umschaltspiel. Das hat er mit seinem Team auch im spanischen Trainingslager geübt. Genützt hat es nichts. Nicht mal ansatzweise war zu erkennen, was er meinte. Weder schnell noch gefährlich ist das Spiel der Norddeutschen. Beobachter gewinnen den Eindruck, als hätte sich die Offensive bereits aufgegeben.
Einen Plan B scheint Gisdol nicht zu besitzen. Er setzt weiterhin aufs Umschalten. «Da müssen wir unglaublich hartnäckig dranbleiben», fordert er. Sein wichtigster Mann für diese Art Fußball steht ihm aber schon seit Monaten nicht zur Verfügung. Nicolai Müller, aufgrund seiner Geschwindigkeit und Technik prädestiniert für Kontertore, kann nach einem Kreuzbandriss wohl erst wieder im April spielen. Die ebenfalls für diese Spielweise verpflichteten Filip Kostic, André Hahn und Bobby Wood erfüllen seit Monaten die Erwartungen nicht.
Neues Personal könnte wie im Vorjahr, als Kyriakos Papadopoulos, Mergim Mavraj und der Brasilianer Walace verpflichtet wurden, der letzte Rettungsanker sein. Todt steht mit dem Leipziger Dominik Kaiser in Verhandlungen. Zudem soll der dringend benötigte Offensivspieler kommen. Im Gegenzug könnte der wechselwillige Walace abgegeben werden, um die Nachbesserungen finanzieren zu können.
(dpa)