Großkreutz als Symbol für den Darmstädter Abschwung
Darmstadt – Sein letztes richtig gutes Spiel für den SV Darmstadt 98 hat Kevin Großkreutz vor über einem halben Jahr bestritten. Beim 4:3-Heimsieg gegen Arminia Bielefeld am 17. September war er mit zwei Toren und einer starken Leistung Mann des Tages.
Danach ging es bergab – für die Lilien, die seitdem kein Heimspiel mehr gewonnen haben, und für den Fußball-Weltmeister, der zwischenzeitlich auf der Reservebank des Zweitligisten saß.
Mittlerweile steckt Großkreutz mit Darmstadt tief im Abstiegskampf, von Rang 17 bis zum Nicht-Abstiegsplatz sind es fünf Punkte Rückstand. Ein Szenario, das weder Spieler noch Verein oder Umfeld erwartet hatten. Fragen zur sportlichen und persönlichen Situation will der 29-Jährige derzeit nicht beantworten. Er habe daran kein Interesse, lässt er über den Pressesprecher des Vereins ausrichten.
Vieles ist schief gelaufen in den vergangenen vier Jahren bei dem Außenspieler mit dem großen Kämpferherz. Erst wurde er bei seinem Herzensverein Borussia Dortmund ausgebootet und wechselte zur Saison 2015/16 zu Galatasaray Istanbul. Doch wegen eines Formfehlers erhielt er keine Spielberechtigung. Ohne ein einziges Pflichtspiel für die Türken bestritten zu haben, wechselte er im Winter 2016 zum VfB Stuttgart. Mit den Schwaben stieg er in die Zweite Liga ab.
Es kam noch schlimmer: Im Winter 2017 geriet er im Stuttgarter Rotlichtviertel bei einer Tour mit Nachwuchsspielern des Vereins in eine Schlägerei, kam ins Krankenhaus. Der Verein und der Spieler lösten den Vertrag auf. Großkreutz erwog ein Ende seiner Profi-Karriere. Doch dann kam Torsten Frings.
Der damalige Darmstadt-Coach überzeugte ihn vor rund einem Jahr von einem Neuanfang bei den Lilien. Zu Beginn der aktuellen Saison lief auch alles gut. Nach dem 4:3 gegen Bielefeld stand man auf Rang zwei.
Fürsprecher Frings nahm den Spieler bereits im Spätherbst öffentlich ins Gebet. «Wir erwarten noch mehr Läufe, mehr Flanken, mehr Tempovorstöße von ihm», sagte er. Doch es wurde nicht besser. Frings musste nach elf Spielen ohne Sieg Anfang Dezember gehen.
Nachfolger Dirk Schuster hatte den Ruf, problematische Spieler wieder in die Spur zu bekommen. Bei Großkreutz gelang es ihm nicht. Während des Rückspiels in Bielefeld (0:2) saß Großkreutz nur auf der Bank.
«Kevin ist wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft, der zwischendrin mal eine Durststrecke hatte, wo einige Dinge nicht so funktioniert haben, wie wir uns das vorgestellt haben», sagte Coach Schuster. Es sei aber nicht in Ordnung, alles an einem Spieler festzumachen.
Tatsache ist, dass nicht nur Großkreutz hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, sondern nahezu der gesamte Kader. Vom sechsmaligen Nationalspieler wird aber besonders viel erwartet. «Viele Spieler gucken nach ihm, wie er sich auf dem Platz und im Training gibt», sagte Schuster.
Trotz aller Probleme ist er deswegen überzeugt, dass Großkreutz noch ganz wichtig im Abstiegskampf werden kann. «Er ist ein solider Arbeiter, der das Herz auf dem richtigen Fleck hat und alles gibt für den Verein, für den er gerade spielt», befand Schuster.
Auch wenn Großkreutz selbst derzeit nicht mit den Medien sprechen möchte, lässt er die Umwelt doch an seiner Gefühlslage teilhaben. Auf der Internet-Plattform Instagram postete er gerade ein Bild von sich und Mannschaftskamerad Tobias Kempe mit dem Text: «Immer weiter. Wir werden es schaffen. Wer kämpft, wird am Ende des Tages belohnt.»
(dpa)