Gladbach fühlt sich «wie ein Punchingball»

Wolfsburg/Mönchengladbach – SC Paderborn, ein Heimspiel gegen den Tabellenletzten. Bislang ging dieser Termin am Mittwochabend (20.30 Uhr/Sky) für viele Fans von Borussia Mönchengladbach nur als Pflichtaufgabe im Spielplan der Fußball-Bundesliga durch.

Doch Bedeutung und Anspannung haben sich auf einmal deutlich erhöht.

Denn innerhalb von nur vier Tagen hat die Borussia erst ihren Platz in der Europa League und dann auch noch die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga verloren. Die Duplizität dieser Rückschläge macht den Gladbachern dabei besonders zu schaffen. Schon am Donnerstag gegen Basaksehir Istanbul fiel das entscheidende Gegentor in der letzten Spielminute. Am Sonntag beim 1:2 (1:1) in Wolfsburg traf Maximilian Arnold sogar erst in der Nachspielzeit (90.+1) für den VfL. Bislang war es in dieser Saison immer die Mannschaft von Marco Rose gewesen, die Spiele durch späte Tore entschied. Gegen Bayern München. Gegen AS Rom. Oder im Derby gegen Fortuna Düsseldorf.

Der Trainer der Borussia war nach dem Spiel in Wolfsburg genervt. «Wie ein Punchingball» fühlte er sich und seinen Verein in einem Sky-Interview behandelt. «Wir haben über sieben, acht Wochen Fragen beantwortet, die in eine ganz andere Richtung gingen», sagte er und meinte damit wohl: in Richtung Meisterschaft. «Jetzt haben wir mal zwei Ergebnisse nicht bekommen – zwei sehr bittere Ergebnisse.» Und jetzt seien die Fragen der vorangegangenen Wochen «null und nichtig».

So ist es natürlich nicht. Im günstigsten Fall aus der Sicht der Borussia verliert der neue Tabellenführer RB Leipzig schon am Dienstag in Dortmund und kann dann nur einen Tag später durch einen Heimsieg gegen Paderborn wieder von Platz eins verdrängt werden. Im ungünstigsten Fall aber fällt der Spitzenreiter der vergangenen zwei Monate in der letzten Woche dieses Fußball-Jahres noch aus den Champions-League-Rängen, nachdem er zuvor schon aus zwei von drei Wettbewerben ausgeschieden ist. «Es gilt jetzt: Ruhe bewahren und das Ganze sachlich analysieren», sagte Torwart Yann Sommer.

Was bei dieser Analyse herauskommen kann? Zunächst einmal ganz profane Dinge wie die statistische Auffälligkeit, dass die Borussia in der Volkswagen-Stadt nun schon 15 von 20 Bundesliga-Spielen verloren hat. Als der heutige Wolfsburger Sportchef Jörg Schmadtke noch für die «Fohlen» spielte, setzte es dort 1998 sogar mal ein 1:7.

Dann hielt insbesondere Sommer gleich beide Gegentore am Sonntag für irregulär. Vor dem 0:1 durch Xaver Schlager (13.) habe ihm der Wolfsburger Joao Victor aus leichter Abseitsposition heraus die Sicht versperrt. Dem Siegtor von Arnold sei ein Foul des VfL-Stürmers Wout Weghorst vorausgegangen. Keine der beiden Szenen wurde allerdings anschließend vom Videoschiedsrichter in Köln überprüft.

Ein weiterer Punkt ergibt sich aus der Anzahl von mittlerweile 23 Spielen in gut vier Monaten: der körperliche Verschleiß. «Wenn man so viele englische Wochen hat wie wir, dann zehrt das an den Kräften. Das muss man erstmal schlucken», sagte Sommer. «Diese Liga ist ein Brocken. Da muss man sich sein Matchglück in jedem Spiel verdienen.»

Das gilt im Prinzip auch für die Wolfsburger, die am Donnerstagabend ebenfalls noch in der Europa League gefordert waren. Aber beim VfL kommen in der Endphase dieser Hinrunde nach und nach Spieler wie Xaver Schlager oder Daniel Ginczek zurück, die vorher lange gefehlt hatten. Die sind hungrig statt müde und geben ihrem Team, wie vor allem das Beispiel des auch von der Borussia umworbenen Österreichers Schlager zeigt, noch einmal einen Impuls. Den braucht jetzt auch die Borussia. «Wir werden sehr, sehr kritisch hinterfragen. Denn wir wollen auch wieder Fußballspiele gewinnen», sagte Rose.


(dpa)

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