Gibt es überhaupt nachhaltige Elektronik?

Las Vegas – Neue Fernseher, neue Notebooks, vernetzte Lautsprecher, smarte Türkameras, Sensoren, vernetze Lampen, batteriebetriebene Mini-Funkohrstöpsel – die Liste der auf der Technikmesse CES in Las Vegas vorgestellten Neuheiten ist lang.

Die wachsende Zahl kleiner und großer digitaler Helfer soll das Leben erleichtern oder spannender machen. Was in Las Vegas weniger im Vordergrund steht, ist die andere Seite der Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche. Die ganze Unterhaltungselektronik und Heimautomatisierung kostet nicht nur Geld, sie verbraucht auch eine Menge Strom und Ressourcen.

Nachhaltigkeit ist zwischen den bunten Lichtern der Casinos trotz etlicher Vorträge zu Themen wie nachhaltiger Energie oder Ressourcenbeschaffung eher ein Randthema. Aber gibt es überhaupt so etwas wie nachhaltige Unterhaltungselektronik? Und wenn ja: Wie erkennen Verbraucherinnen und Verbraucher sie?

Thema wird der Industrie langsam bewusst

«Das ist kein einfaches Thema», sagt Sebastian Klöß vom IT-Branchenverband Bitkom. Wirklich nachhaltige Elektronik herzustellen, sei gar nicht so einfach. Das fange bei den Ressourcen an und gehe bei Zusammensetzung der Materialien und der Herstellung weiter. Hinzu kommt: Viele Produkte sind nach wenigen Jahren ein Fall für die Tonne – sei es konstruktionsbedingt oder weil es keine frische Software gibt.

«Die Industrie wird sich des Themas immer mehr bewusst», hat Klöß festgestellt. Etwa beim Wiederverwenden von Materialien oder dem Bezug von Rohstoffen aus konfliktfreien Quellen. Branchenstandard ist das aber noch nicht. Bisher gibt es eher viele kleine Schritte einzelner Unternehmen.

Apple zum Beispiel kann einen Teil der Rohstoffe ausgedienter iPhones wieder in die Produktionskette integrieren. Einige Notebook- und Computermodelle bestehen etwa aus recyceltem Aluminium. HP zeigt auf der CES Geräte, deren mechanische Teile zu einem großen Teil aus recycelten Rohstoffen bestehen.

Viele kleine Schritten an vielen Stellen

Und sucht man ein wenig, findet man sie doch: Unternehmen, die das mit der Nachhaltigkeit versuchen. Etwa der kalifornische Hersteller von Smartphone-Zubehör Nomad. Seit 2018 kompensiert das Unternehmen seine CO2-Emmissionen durch den Kauf von Zertifikaten. 2020 soll Nomad komplett CO2-neutral werden, erklärt Gründer Noah Dentzel.

Komplett umweltfreundliche Unterhaltungselektronik gebe es nicht, sagt Dentzel, man könne aber an vielen anderen Stellen ansetzen. Etwa bei umweltfreundlicheren Verpackungen und Materialien. Auch wenn sich nicht alles ersetzen lasse, wie er einschränkt. Eine komplett kompostierbare Handyhülle sei etwa daran gescheitert, dass sich kein geeigneter Kleber auftreiben ließ. «Am wichtigsten ist, das Problem zu erkennen», sagt Denzel. Jeder kleine Schritt sei wichtig.

Ähnliche Wege geht das belgische Unternehmen COO bei seinem Linedock genannten Macbook-Dock mit Akku und Extraspeicher. Bei der Herstellung des Docks verzichtet die Firma auf Plastik, soweit es geht, sagt Gründer Quentin Malgaud.

Als Käufer hat man die Last der Recherche

Wichtige, aber insgesamt kleine Schritte. Noah Dentzel sieht Nachhaltigkeit in der Produktion als Trendthema, dem Unternehmen nicht aus dem Weg gehen können. Wie viel Mühe sich Firmen dabei geben, ihre Produkte umweltschonend herzustellen, lässt sich auf den ersten Blick nur schwer erkennen. Einheitliche Siegel zur Orientierung gibt es nicht. Aber wenn Verzicht keine Option ist, was können Verbraucher dann tun?

Zum einen langlebige Produkte nutzen, sagt Bitkom-Mann Sebastian Klöß. «Wenn man Wert auf Nachhaltigkeit geht, muss man sich vielleicht von dem Gedanken verabschieden, immer das neueste Gadget zu haben.»

Das ist allerdings manchmal leichter gesagt als getan. Viele Geräte sind irgendwann veraltet oder mangels Software-Updates unsicher. Bei Smartphones lohnt daher der Blick auf die Updatepolitik der Hersteller. Apples iPhones erhalten in der Regel für mindestens vier Jahre frische Software, Geräte aus Googles Android-One-Programm immerhin für zwei bis drei Jahre. Bei Kopfhörern etwa halten Modelle mit Kabel vermutlich länger als Mini-Ohrstöpsel mit Mini-Akkus.

Nachhaltig ist auch, was sich gut reparieren lässt. Portale wie Ifixit.com geben hier gute Orientierung. Manche Hersteller setzen schon auf umfassende Reparierbarkeit. Der Hersteller Shiftphone aus Deutschland baut seine Smartphones so auf, dass Nutzer defekte Batterien oder ein gesprungenes Display selbst austauschen können.

Folgeverbrauch von gekauften Geräten zählt mit

Ressourcen und Haltbarkeit sind aber nur die halbe Miete. Computer, Fernseher und Smartphones haben auch nach ihrer Herstellung einen ökologischen Fußabdruck. Für ihren Betrieb ist eine riesige Infrastruktur aus Rechenzentren und Datenleitungen im Hintergrund nötig. Auch das verbraucht eine Menge Strom.

Wer hier seinen Fußabdruck verkleinern will, nutzt besser Angebote von Unternehmen, die zum Beispiel Strom aus erneuerbaren Energien nutzen. «Es gibt schon Hersteller, die bei Ressourcenverbrauch in der Produktion oder den Lieferketten und der eigenen Stromversorgrung deutlich fortschrittlicher sind als andere», sagt Sebastian Klöß.

Welche das sind, verrät etwa der regelmäßig erscheinende Report «Grüner klicken» der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Er bewertet Unternehmen nach ihrem Energiemix und ihren Plänen für mehr Energieeffizienz.

Und dann gibt es doch noch einige Siegel, die zumindest etwas Orientierung geben. Zum Beispiel der Blaue Engel oder das EU-Energielabel. So erfahren Verbraucher immerhin etwas über den Stromverbrauch eines Geräts. Und über den Produktfinder von TCO Certified lassen sich etwa Notebooks, Computer, Tablets oder Smartphones aufspüren, die gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.


(dpa/tmn)

(dpa)