Geisterspiele oder Abbruch? Zoff unter den Drittligisten

Leipzig – Kontrastprogramm zu den Bundesligen: Während die Clubs der 1. und 2. Liga die Saison schon aus finanziellen Gründen zu Ende bringen wollen, brodelt es in der 3. Fußball-Liga.

13 der 20 Clubs wollen mit Spielen ohne Zuschauer fortfahren, der Rest die Saison abbrechen. Ein Pro & Kontra zu Geisterspielen in der 3. Liga.

PRO

Verlust geringer: Ligaweit gesehen, ist es finanziell sinnvoller, die Saison ohne Zuschauer zu Ende zu spielen. Im Schnitt würde der Verlust pro Club dann geschätzt 600 000 Euro betragen. Bei einem Abbruch wären es dagegen etwa 1,5 Millionen Euro pro Verein. «Jedes Drittliga-Spiel, das im Fernsehen übertragen wird, garantiert Sponsoring-Einnahmen. Bei einer Komplettabsage gehen uns auch diese verloren», sagte Günther Gorenzel, Geschäftsführer von 1860 München. Robert Marien, Vorstandschef von Hansa Rostock, bezeichnete Geisterspiele als «noch die beste der schlechtesten Optionen».

Mediale Präsenz: Zusätzlich zu den TV-Übertragungen bei MagentaSport und den dritten Programmen der ARD würde die Präsenz der Clubs in den anderen Medien wieder steigen. Das wiederum stellt Sponsoren zufrieden und sichert Einnahmen, der Verein bleibt im Gespräch und stützt seinen Markenwert. Und Spieler, die für die neue Saison noch keinen Vertrag haben, hätten die Möglichkeit, sich mit guten Leistungen zu empfehlen.

Sportlich fair: Rein formal ist die Fortsetzung die einzige Möglichkeit, sportliche Entscheidungen fair zu regeln. Zwei Aufsteiger stünden nach 38 Spieltagen fest, ein dritter Club spielt die Relegation, vier Vereine steigen ab. Bei einem Abbruch würde der nächste Streit drohen. Denn bei den bisherigen Diskussionen darüber, waren sich die Clubs uneinig, ob die Spielzeit komplett annulliert, die Hinrunde oder der aktuelle Tabellenstand gewertet werden soll.

Mehrheitsmeinung: Letztlich sollte sich die Mehrheit durchsetzen, wenn keine einstimmige Lösung gefunden wird. Die Gegner der Geisterspiele (u.a. Jena, Halle, Zwickau, Mannheim, Münster) müssten sich damit abfinden.

KONTRA

Drohende Insolvenzen: Spiele ohne Zuschauer würden einige Vereine direkt in die Pleite treiben. Zuschauereinnahmen machen in der 3. Liga meistens über 20 Prozent des Etats aus. «Für uns wären Geisterspiele ein weiterer Genickbruch. Sollte dieser Fall eintreten, ist der Gang zum Insolvenzgericht unumgänglich», sagte Zwickaus Vorstandssprecher Tobias Leege. Denn auf der Kostenseite müsste jeder Verein wieder auf fast 100 Prozent gehen, bspw. Kurzarbeit für Spieler, Trainer und Mitarbeiter beenden.

Stimmung und Fan-Wille: Schon das Bundesliga-Geisterspiel zwischen Mönchengladbach und Köln hat offenbart, wie fade so ein Kick ohne Fans ist. Bei einer nicht-repräsentativen Internet-Umfrage des Portals «liga3-online.de» sprachen sich zudem nur elf Prozent von knapp 7000 Lesern für Geisterspiele aus. Zudem hätten Heim-Mannschaften für den Rest der Saison ein Handicap, da die Atmosphäre im eigenen Stadion als Vorteil entfällt.

Wettbewerbsverzerrung: Der Spielplan wäre in den bisherigen Gedankenspielen (Saisonfortsetzung vom 16. Mai bis 30. Juni) extrem eng getaktet. Nach so einer langen Pause wäre eine Wiederaufnahme eine große Herausforderung für die Spieler – physisch und psychisch. «Das hat wenig mit einem klassischen Wettbewerb zutun, wenn elf bis 13 Partien in fünf bis sechs Wochen anstehen», sagte Magdeburgs Sportchef Maik Franz der «Volksstimme». Clubs mit einem größeren Kader wären automatisch im Vorteil.

Relevanz und Genehmigung: DFB und Clubs sollten sich hinterfragen, ob eine Fortsetzung der Saison in Bezug auf die Gesamtkonstellation in Deutschland wirklich unbedingt notwendig wäre. Entscheidungskriterien sollten in diesem Fall weder wirtschaftliche Interessen noch Vermarktungschancen sein. Das System wäre mit zusätzlichen Corona-Tests für Erst- und Zweitligisten ohnehin schon zusätzlich belastet. Zudem ist unklar, ob alle Vereine in ihren Stadien spielen dürften, da lokale Gesundheitsbehörden das letzte Wort haben. So hat die Stadt Jena Spiele ohne Zuschauer bis Juni bereits als «höchst unrealistisch» bezeichnet.


(dpa)

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