Facebook-Profil erstmals als Beweismittel beschlagnahmt

Ein eigentlich sehr unspektakulärer Gerichtsprozess des Amtsgerichts Reutlingen könnte Rechtsgeschichte schreiben. Ein 20-Jähriger ist angeklagt einem Freund den entscheidenden Tipp für einen Einbruch gegeben zu haben. Dazu habe er seinen Facebook-Account benutzt, dieser soll nun beschlagnahmt werden. Das Beschlagnahmen eines Online-Profils zur Beweisführung gegen einen Angeklagten ist beispiellos in der Geschichte des deutschen Strafprozesses.

Noch sind die Daten nicht gesichert

Ob es dem Richter gelingt, an die Daten, die den Täter überführen sollen, heranzukommen, ist noch unklar. Bislang hatten Ermittler Informationen aus Internet-Plattformen, wie Twitter und Facebook nur nutzen können, wenn sie öffentlich sichtbar waren. Direkte Nachrichten, die von Nutzer zu Nutzer geschickt werden, ohne das jeder sie sehen kann, waren bisher nicht für Ermittler zugänglich. Sollte es dem Richter aus Reutlingen gelingen diese Daten für sein Verfahren zu sichern, könnten Facebook-Profile in Zukunft bei vielen Prozessen als Beweismaterial angeführt werden.

Verbrechen auf Facebook planen – keine gute Idee

Man könnte argumentieren, dass es reichlich dämlich ist, ein Verbrechen im Internet via Facebook zu planen. Sollte der 20-Jährige mithilfe seiner eigenen Worte innerhalb des sozialen Netzwerks überführt werden, wäre die Ironie nicht zu übertreffen. Der junge Mann scheint ohnehin nicht zu der subtileren Kategorie der Kleinkriminellen zu gehören. Auf Facebook nennt er sich „Al Capone“. Angeblich habe er mit seinem Pseudonym die Ermittler bereits auf sich aufmerksam gemacht. Ihm wird vorgeworfen auf Facebook Hinweise zum Einbruch in ein Wohnhaus einer befreundeten Familie verschickt zu haben. Sollten die Daten des sozialen Netzwerks offen gelegt werden, würde er sich selbst überführen.

Gibt Facebook die Daten heraus?

Mit einer Anfrage zur Offenlegung der Daten bei Facebook Deutschland in Hamburg biss der IT-versierte Reutlinger Richter zunächst auf Granit. Nur die Kollegen in Irland könnten auf die Daten des Einbrecher-Helfers zugreifen, hieß es dort. Der Richter hat nun ein Rechtshilfeersuchen nach Dublin geschickt. Bis das zu Ergebnissen führt kann aber einige Zeit vergehen. Außerdem ist solch eine Prozedere kostspielig. Der Richtern hofft nun darauf, dass die Kosten den Angeklagten genügend schrecken und er sein Profil freiwillig zur Verfügung stellt. Wie sich der „Facebook-Ganove“ entscheiden wird, zeigt sich am Donnerstag, wenn die Verhandlung in Reutlingen fortgesetzt wird.

Reutlinger Richter ist einem Trend auf der Spur

Die Bedeutung dieses kleinen Einbruch-Prozesses liegt, darin, dass heutzutage immer mehr Menschen über soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter kommunizieren. Für viele ersetzen diese Medien bereits die Korrespondenz via email. Emails können bereits seit längerem für Gerichtsverfahren von den Service-Providern angefordert werden. Doch wenn sich die Verbrecher andere Wege der Kommunikation suchen, muss das Gesetz nachrücken. Egal wie der Fall in Reutlingen ausgehen sollte, eine Debatte über die Offenlegung von privaten Informationen im Internet, sowie eine generelle Debatte, was der Begriff „Privatsphäre“ rechtlich und inhaltlich im 21. Jahrhundert bedeutet, ist unumgänglich.