Ernährungsexpertin: So herrscht Ruhe beim Familienessen

Mannheim – Das gemeinsame Familienessen sorgt oft für Stress. Sigrid Fellmeth ist Ernährungswissenschaftlerin und auf Kinderernährung spezialisiert. Im Interview erklärt sie, wie wieder mehr Ruhe am Tisch einkehrt.

Was hat sich im Vergleich zu früher am Tisch geändert?

Sigrid Fellmeth: Die Ängste der Eltern haben zugenommen. Im Raum steht immer wieder die Sorge, das Kind könnte zu viel, zu wenig oder zu einseitig essen. Ich habe noch nie so viel über Lebensmittelmengen diskutiert wie heute. Wenn die Eltern angespannt sind, überträgt sich das aber. Kinder können so kein entspanntes Verhältnis zum Essen entwickeln.

Was könnten Eltern tun, damit es wieder entspannter wird?

Sigrid Fellmeth: Wichtig wäre, dass Kinder Lebensmittel kennenlernen dürfen – zum Beispiel, indem man zusammen auf den Markt geht oder was anpflanzt. Oder Kinder beim Essen machen einbeziehen: Wer einen Salat waschen und anmachen darf, greift eher zu.

Wodurch entstehen Konflikte am Familientisch?

Sigrid Fellmeth: Heute geht es ja oft um individuelle Lebensentwürfe, die wichtiger sind als familienbezogene. Eltern fragen sich bei allem: «Wie kann ich mein Kind individuell fördern?» Familienmahlzeiten widersprechen diesem Ansatz. Denn hier geht es um Regeln, Rituale, um etwas Gemeinsames. Alle sollen das Gleiche essen. Das reibt sich. Und natürlich gibt es immer wieder Streit, weil Kinder phasenweise nur eine Sache essen wollen. Da rate ich Eltern: «Bleibt cool, macht es nicht zum Thema. Das geht vorbei.»

Warum sind gemeinsame Mahlzeiten denn so wichtig?

Sigrid Fellmeth: Weil es im Alltag oft der einzige Moment ist, in dem Eltern wirklich Kontakt zu ihrem Kind aufnehmen können und ein Gespür dafür bekommen, wie es ihm geht.

Oft geht es beim Essen mit Kindern ja darum, dass sie Tischmanieren lernen. Aber können Erwachsene nicht auch was von ihren Kindern lernen?

Sigrid Fellmeth: Definitiv. Kinder gehen ganz sinnlich ans Essen heran, voller Neugierde und ohne verkopft zu sein. Das ist bei vielen Erwachsenen verloren gegangen.


(dpa/tmn)

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