DLRG hat mehr zu tun: Immer weniger gute Schwimmer
Hannover – Mindestens jeder zweite Grundschüler in Deutschland kann nicht richtig schwimmen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).
Demnach besitzen nur 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen. Die Eltern bewerten die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder dabei besser als die DLRG-Experten.
«Als sicherer Schwimmer kann nur gelten, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze sicher beherrscht», sagte DLRG-Vizepräsident Achim Haag am Dienstag in Hannover. Dabei müssen Kinder innerhalb von 15 Minuten mindestens 200 Meter schwimmen. Das Seepferdchen-Abzeichen reicht nach Ansicht der DLRG nicht aus, um sicher zu schwimmen.
Obwohl die Grundschulen per Gesetz den Auftrag haben, die Schwimmausbildung zu übernehmen, komme sie an vielen Schulen zu kurz oder falle ganz weg, weil kein Schwimmbad erreichbar sei, beschrieb Haag. Mittlerweile hat ein Viertel der Grundschulen keinen Zugang zu einem Bad. Allein 116 Schwimmbäder schlossen der DLRG zufolge deutschlandweit im vergangenen Jahr.
Die neue
Umfrage zeigt tatsächlich: Während in der Altersgruppe der über 60-Jährigen noch 56 Prozent in der Grundschulzeit schwimmen lernten, sind es bei den 14- bis 29-jährigen Befragten mit 36 Prozent nur noch gut ein Drittel. «Wenn diese Entwicklung so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird», mahnt der DLRG-Vizepräsident.
Wenn die Kinder vier oder fünf Jahre alt sind, kann aus Sicht der DLRG problemlos damit begonnen werden, ihnen schwimmen beizubringen. Ein Problem ist auch, dass viele Lehrer, die an Grundschulen unterrichten, nicht die sogenannte Rettungsfähigkeit besitzen. Sportlehrer, die Kinder ab der fünften Klasse lehren, müssen dieses Abzeichen hingegen während des Studiums nachweisen.
Wer schlecht schwimmt, kann sich meist nicht selbst retten: In Notlagen lassen bei ungeübten Schwimmern schneller die Kräfte nach und sie geraten leichter in Panik. Im vergangenen Jahr ertranken in Deutschland 537 Menschen – ein Höchststand der vergangenen zehn Jahre. Im Vorjahr zählte die DLRG noch 49 Badetote weniger.
2016 waren insgesamt 64 Flüchtlinge unter den Ertrunkenen, im Jahr 2015 waren es 27. Gespräche mit Augenzeugen und Rettern der DLRG haben ergeben, dass fast niemand von ihnen schwimmen konnte. Als Reaktion hat der Verein
Baderegeln mittlerweile in fast dreißig Sprachen übersetzt und entsprechende Piktogramme anfertigen lassen. Kommunen und Badbetreiber können sie herunterladen.
Zugleich bietet die DLRG Schwimmkurse an – nicht nur für Kinder, sondern auch speziell für Flüchtlinge. Diese werden mit der Hilfe von Dolmetschern durchgeführt. Der Verein hat einigen Flüchtlingen so schon zuerst das Schwimmen beigebracht und sie anschließend weiter zu DLRG-Ausbildern geschult.
Die Jahresbilanz ist für den Verein trotzdem ernüchternd. Denn das selbstgesteckte Ziel der DLRG war seit 2012, die
Zahl der Badetoten mindestens um die Hälfte zu halbieren. Das wären 260 Tote. «Da haben wir noch einen langen Weg vor uns», sagte DLRG-Sprecher Achim Wiese.
(dpa)