Die meisten Deutschen haben höchstens zwei enge Freunde
Berlin – «Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was
es gibt auf der Welt». Das sangen vor 90 Jahren schon «Die Drei von der Tankstelle» in der gleichnamigen Filmkomödie – und natürlich auch die Comedian Harmonists.
Der römische Politiker und Philosoph Marcus Tullius Cicero wusste schon vor 2000 Jahren «Ohne Freundschaft ist das Leben nichts». Doch wer die Erwachsenen in Deutschland zum Thema Freundschaft befragt, bekommt es mit einer gewissen Vorsicht zu tun.
Yougov-Umfrage
So haben nach eigenen Angaben über 50 Prozent höchstens zwei enge
Freunde oder aber gar keine. Und fast jeder achte (13 Prozent) sagte,
niemandem seine tiefen Gedanken und Gefühle anzuvertrauen. Das geht
aus einer repräsentativen Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen
Presse-Agentur hervor.
In der Umfrage sagten 40 Prozent, sie hätten nur ein bis zwei enge
Freunde, also vertraute Personen, die ihnen nahestehen. 11 Prozent
sagten, sie hätten niemanden, auf den das zutreffe. Im Westen (11
Prozent) sagten übrigens mehr Menschen, keine engen Freunde zu haben
als im Osten (8 Prozent). Von denjenigen mit engen Freunden sagten 42
Prozent, sie hätten darunter einen besten Freund oder eine beste
Freundin. Auf Frauen trifft das häufiger zu (46 Prozent) als auf
Männer (38 Prozent).
«Face to Face»- und «Side by Side»-Freundschaften
Psychologen sprechen von unterschiedlichen Tendenzen in Sachen
Freundschaft bei den Geschlechtern: Während Frauen sich öfter gezielt
treffen, um sich auszutauschen und ihre Beziehung zu pflegen, wollen
Männer oft eher nur etwas gemeinsam unternehmen und erleben.
Psychologen sprechen von «Face to Face»-Freundschaften bei vielen
Frauen im Gegensatz zu «Side by Side»-Freundschaften bei vielen
Männern.
Ein Drittel (34 Prozent) aller Befragten mit engen Freunden sagte,
mehrere davon zu den besten zu zählen. Immerhin ein Fünftel (21
Prozent) sagte, keinen besten Freund zu haben. Der Rest machte keine
Angabe.
Partner oder Freunden Intimes anvertrauen?
Der Kontakt zur besten Freundin oder zum besten Freund ist laut
Umfrage sehr unterschiedlich. So sagten 26 Prozent, sie sähen sich
mehrmals im Jahr, 25 Prozent mehrmals im Monat. Seltener als einmal
im Jahr sehen sich 5 Prozent. Einmal im Jahr, einmal im Monat und
einmal die Woche sagten 4 Prozent, 13 Prozent beziehungsweise 12
Prozent. Immerhin jede(r) Zehnte sagte, mehrmals die Woche die beste
Freundin oder den besten Freund zu treffen, täglich aber nur 3
Prozent. Der Rest sagte «Nie» oder machte keine Angabe.
Wenn es darum geht, seine tiefen Gedanken und Gefühle zu teilen, dann
geben viele statt Freunden der Partnerin oder dem Partner den Vorzug
(46 Prozent) sowie der Familie (44 Prozent). Mit engen Freunden
sprechen aber immerhin 38 Prozent, mit dem besten Freund 12 Prozent.
13 Prozent sagten allerdings, mit niemandem tiefe Gefühle zu teilen.
Mehrfachantworten waren bei dieser Frage möglich.
Mit dem Arzt oder ihrem Therapeuten reden 8 Prozent, mit
Arbeitskollegen 5 Prozent und mit «freundschaftlichen Kontakten in
sozialen Netzwerken» 4 Prozent.
Zu alt für wahre Freundschaft?
Vor drei Jahren ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des
Apothekenmagazins
«Baby und Familie», dass viele Deutsche der Ansicht sind, dass neue tiefe Freundschaften im Erwachsenenalter eher selten sind. Fast die Hälfte (46 Prozent) sagte demnach, unter Erwachsenen geschlossene Bekanntschaften seien meist oberflächlich – echte Freundschaften würden daraus ganz selten. Jeder Vierte (fast 26
Prozent) war davon überzeugt, echte Freundschaften könne man
eigentlich nur als Kind und Jugendlicher schließen.
In der neuen Umfrage von Dezember 2019 kam nun in der Tat heraus,
dass viele Erwachsene in Deutschland alte Freundschaften pflegen. So
antworteten 60 Prozent mit Ja auf die Frage «Haben Sie
freundschaftliche Kontakte (persönlich und/oder in sozialen
Netzwerken), mit denen Sie bereits in Ihrer Kindheit und/oder
Schulzeit befreundet waren?».
Nachvollziehbar: Je jünger die Befragten waren, desto mehr Kontakt
bestand noch zu Jugendfreunden. Bei den Menschen, die älter als 55
sind, gab es dagegen eine Mehrheit von 52 Prozent, die sagte, sie
habe keine freundschaftlichen Kontakte aus der Kinder- und Jugendzeit
mehr.
(dpa)