Crashkid Stroll beim Heimrennen unter Druck

Montréal – Bei der Frage nach dem Namensgeber der Strecke lächelte Lance Stroll fast schon etwas verlegen. «Nun ja, Gilles war etwas vor meiner Zeit», sagte der Kanadier vor seinem Heimrennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve am Sonntag (20.00 Uhr MESZ).

1978 gewann jener Gilles Villeneuve das erste Renen auf dem Kurs auf der Ile Notre Dame. Mehr als 20 Jahre später wurde Lance Stroll erst geboren. In diesem Jahr absolviert der Milliardärs-Sohn seine erste Formel-1-Saison.

Die lokalen und regionalen Zeitungen sind voll mit Stories über Stroll. Die Fernsehsender berichten über Kanadas neue Formel-1-Hoffnung. «Ich habe auf diesen Moment lange gewartet», sagte Stroll dem «Journal de Montréal»: «Der Druck durch die Zuschauer ist ein zusätzlicher, den ich aushalten kann.»

Was zu beweisen wäre. Bisher konnte Stroll, der 2013 nach Europa für die nächsten Schritte in seiner Motorsport-Laufbahn gegangen war, den Erwartungen und eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Statt Ruhm und Ehre erntete er meist Hohn und Spott.

Drei Unfälle gleich an den ersten beiden Testtagen für sein neues Williams-Team, die ersten drei Rennen – allerdings auch unverschuldet – nicht beendet, die Plätze 11, 16 und 15 in den drei nachfolgenden Grand Prix. Von Ergebnissen wie in seinem EM-Titel-Jahr 2016 in der Formel 3 mit 14 Siegen, 14 Poles und insgesamt 20 Podiumsplätzen kann Stroll nur träumen.

Er habe seine Chance verdient, hatte Stroll bei seinem Einstieg in die Motorsport-Königsklasse betont. Er ist nach Max Verstappen der jüngste Pilot. Der Niederländer, dessen Vater selbst Formel-1-Pilot war und den Sohn antrieb, seine Nachfolge anzutreten. Strolls Papa ist hingegen ein Geschäftsmann mit Milliarden-Vermögen.

Auch deswegen wird alles, was der Teenager macht, kritischer beäugt als bei anderen. Wenn er wie in Monte Carlo verzweifelte Funksprüche absetzt («Ich habe keine Temperatur in den Bremsen und den Reifen. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Bitte helft mir!»), trägt das nicht unbedingt positiv zu einem gesteigerten Ansehen des Teenagers in einem Feld knallharter Rennfahrer bei.

Vom Team bekommt Stroll aber die volle Unterstützung. «Ich werde nicht nervös, wie ich das schon bei anderen Rookies geworden bin, wenn ich Lance fahren sehe», sagte vor einigen Wochen die Stellvertretende Teamchefin Claire Williams. Stroll habe das Potenzial, ein junges nordamerikanisches Publikum anzuziehen mit seinem Charisma und seiner Persönlichkeit.

Fehlen noch die passenden Ergebnisse. Sein doppelt so alter Teamkollege Felipe Massa (36) – der brasilianische Routinier lockt vor allem die südamerikanischen Fans – kam in dieser Saison schon zweimal auf Platz sechs und zweimal auf Rang neun. Massa ist WM-Neunter, Stroll WM-18. «Man muss ihm Zeit geben und Geduld mit ihm haben, bevor man sich ein Urteil erlaubt», sagte Mercedes-Pilot Valtteri Bottas über seinen jungen Nachfolger bei seinem einstigen Arbeitgeber.


(dpa)

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