Aufschlag-Probleme gelöst? Zverev vor Auftakt entspannt
Melbourne – Gut gelaunt beweist Alexander Zverev bei der Frage nach seinem größten Problem Selbstironie. Im Training, betonte der 22-Jährige bei den Australian Open in Melbourne, im Training sei alles gut mit seinem Aufschlag. Er sorgt für Lacher, lächelt selbst.
An seinem miserablen Aufschlag und den vielen Doppelfehlern war bei seinen bisher drei Niederlagen in diesem Jahr am markantesten deutlich geworden, dass er seine Schwächen mit ins neue Jahr geschleppt hat und in einer Formkrise steckt. «Wie ich beim ATP Cup gespielt habe, war einfach nicht gut genug für einen Grand Slam», räumte der beste deutsche Tennisspieler ein. Dass der erste Saison-Höhepunkt schnell vorbei sein könnte, sollte er sich nicht steigern, weiß er selbst.
Auch am Sonntag, zwei Tage vor der ersten Runde gegen den Italiener Marco Cecchinato, hatte der Weltranglisten-Siebte deswegen nicht nur für 13.00 Uhr einen Trainingsplatz gebucht. Sondern trainierte gleich anschließend auf einem anderen Platz weiter.
Trotz des schwachen Auftakts ins neue Jahr ist Zverev bei den Herren der größte deutsche Hoffnungsträger für das zweiwöchige Tennis-Spektakel. So wie es bei den Damen Angelique Kerber ist, die ebenfalls sportlich bescheiden ins Jahr 2020 gestartet ist und von Oberschenkelproblemen gehandicapt wird. Auch die ehemalige Nummer eins der Welt muss erst am Dienstag ran, ihre Gegnerin ist die italienische Qualifikantin Elisabetta Cocciaretto, eine Grand-Slam-Debütantin. Von den Fakten her hat Kerber damit eine vermeintlich noch lösbarere Aufgabe erwischt als Zverev.
Der Hamburger erklärte seine Formschwäche auch damit, dass er Probleme mit den Augen gehabt habe. Im Dezember hatte er sich wegen seiner Hornhautverkrümmung operieren lassen. Dass er nun keine Kontaktlinsen mehr trage, daran habe er sich erst noch gewöhnen müssen und inzwischen helfende Tropfen bekommen, berichtete er: «Ich habe jetzt wahrscheinlich mehr Selbstvertrauen als beim ATP Cup.»
«Er ist immer noch einer der besten Tennisspieler der Welt, das hat er nicht über Nacht verlernt», urteilte Eurosport-Experte Boris Becker. Noch in Brisbane beim ATP Cup hatte der Herren-Chef des Deutschen Tennis Bunds kritisiert, Zverev sei ein «Fall für den Psychologen» und ihm eindringlich zu einem neuen Trainer neben seinem Vater Alexander Zverev senior geraten.
«Das ist einfach zu sagen», entgegnete Zverev nun auf die Trainer-Frage. «In Brisbane wusste ich wirklich nicht wohin mit mir, und was ich machen soll. Ich war unruhig. Ich habe Probleme gehabt und wusste nicht, wie ich sie lösen soll. Am Ende des Tages sehe ich es so, dass es an mir liegt und nicht an den Leuten um mich herum.»
Im Training mit dem Argentinier Leonardo Mayer am Sonntagmittag im Melbourne Park auf Platz acht klappte zumindest anfangs der erste Aufschlag nicht so, wie sich das Zverev gewünscht haben dürfte. Generell aber können Tennisprofis eine solche Schwäche auch in kurzer Zeit hinter sich lassen, erklärte Mentaltrainer Holger Fischer (57), der früher mit Kerber und Andrea Petkovic arbeitete, der Deutschen Presse-Agentur: «Im Tennis kann das ein Spiel, ein Ball sein, mit dem es sich komplett ändert. Es gibt einfach bestimmte Momente, wo es im System einfach klick macht, und dann läuft es wieder.»
Becker erinnerte derweil an die vergangenen French Open und US Open, als Zverev ebenfalls zuvor nicht gut spielte und sich dann reinbiss. «Dass die Erwartungshaltung dieses Mal, auch von Seiten einiger Experten, nicht so hoch ist, kann ihm helfen», sagte der 52-Jährige. In New York (Achtelfinale) und Paris (Viertelfinale) hatte Zverev jeweils die zweite Woche erreicht.
(dpa)