Argentinien im XXL-Umbruch: Kein Messi und viele Unbekannte

Dortmund – Es gibt im Kader der argentinischen Fußball-Nationalmannschaft mittlerweile Spieler wie Walter Kannemann. Das ist ein robuster Innenverteidiger, 28 Jahre alt, er spielt in der brasilianischen Liga für Gremio Porto Alegre.

Ein anderer Abwehrspieler im Aufgebot für das Testspiel gegen Deutschland am Mittwoch (20.45 Uhr/RTL) ist der 20-jährige Leonardo Balerdi, der bei seinem Club Borussia Dortmund in dieser Saison bisher viermal in der Regionalliga spielen durfte. Für den Angriff berief Nationaltrainer Lionel Scaloni unter anderen Nicolas Gonzalez, der dem Zweitligisten VfB Stuttgart in den jüngsten beiden Partien verletzt gefehlt hatte.

Es sind nur drei Beispiele, die allerdings sinnbildlich für die derzeitige Kadersituation des zweimaligen Weltmeisters stehen. Der große Glanz ist der Albiceleste verloren gegangen, erst recht in Abwesenheit ihres Weltfußballers Lionel Messi, der die Partie in Dortmund aufgrund einer Sperre verpasst. Unabhängig von Messi treibt Scaloni wie Bundestrainer Joachim Löw in Deutschland einen gewaltigen Umbruch voran: aus der Startelf vom WM-Finale 2014 in Rio ist für die Partie in Dortmund lediglich Marcos Rojo von Manchester United übrig.

«Wenn ich mich am Ausmaß von dem, was auf mich zukommt, orientiere, werde ich natürlich keinen Schlaf finden», sagte Scaloni kurz nach Argentiniens Achtelfinal-Aus bei der WM 2018, als er den Nationaltrainer-Job von Jorge Sampaoli übernommen hatte. Seitdem kommt seine Mannschaft nur schleppend voran. Nach spielerisch größtenteils biederen Auftritten endete der Traum vom Gewinn der Copa America im vergangenen Sommer mit einer 0:2-Niederlage im Halbfinale gegen den Erzrivalen Brasilien. Anschließend verzettelte sich Messi mit Korruptionsvorwürfen gegen Südamerikas Konföderation Conmebol, woraufhin er eine dreimonatige Sperre erhielt.

Dennoch behauptet sich Scaloni bisher in einem Job, den seit dem Aus von Argentiniens Legende Diego Maradona nach der WM 2010 bereits fünf Trainer vor ihm ausüben durften. Der ehemalige Verteidiger Scaloni ist der Sechste seit Maradona, und er will die Argentinier mit schnellem Umschaltspiel zurück zu altem Ruhm führen. Trotz Messis Abwesenheit verzichtet er dabei erneut auf Routiniers wie Sergio Agüero und Angel di Maria. Stattdessen heißt seine Offensivhoffnung gegen Deutschland Lautaro Martinez.

Der 22-Jährige spielt bisher eine starke Saison für Inter Mailand, zuletzt war ihm in der Champions League der 1:0-Führungstreffer beim FC Barcelona gelungen – vor den Augen von Barças Lionel Messi. Trotzdem gewann Barça 2:1, auch weil Messi den späten Siegtreffer durch Luis Suarez vorbereitete. Dennoch schwärmte Martinez nach der Partie. «Wenn ich in der «Selección» mit ihm spielen kann, ist das ein Traum für mich», sagte der Angreifer. «Ich bewundere ihn, seit ich ein kleiner Junge bin.» Vielleicht werden sie schon bald wieder gemeinsam für Argentinien stürmen, Umbruch hin oder her: Auf Messi würde Scaloni freiwillig wohl niemals verzichten.


(dpa)

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