Afghanistan: Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch Amoklauf überschattet
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zum vierten Mal seit ihrer Amtszeit zu Besuch bei deutschen Soldaten in Afghanistan. Die grausamen Morde an 16 Zivilisten eines US-Soldaten lassen das Eintreffen der Kanzlerin jedoch in den Hintergrund rücken. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen ist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag in Afghanistan eingetroffen. Im Zuge ihrer unangekündigten Visite informierte sie sich bei den Soldaten im Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Scharif über den Einsatz. Den Auftakt des Besuchs bildete eine Andacht der gefallenen Soldaten am Ehrenhain.
Die Anwesenheit Merkels wurde von der grausamen Tat eines US-Soldaten in der Nacht zum Sonntag überschattet. Im Südes des Landes ermordete er in der Provinz Kandahar insgesamt 16 Zivilisten. Unter den Opfern befanden sich neun Kinder und drei Frauen. Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Washington und Kabul wird durch das Massaker weiter belastet.
Merkel-Besuch trotz Amoklauf
Die erwarteten Proteste nach dem Massaker hielten Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht von ihrer Reise ab. Diese war bereits vor der Bluttat geplant.
Die Lage im Land ist ohnehin äußerst angespannt. Die Verbrennung von Koran-Exemplaren durch US-Soldaten im vergangenen Monat hat tagelange Unruhen ausgelöst, im Zuge derer mindestens 30 Afghanen ums Leben kamen. Auch sechs US-Soldaten wurden seitdem durch afghanische Sicherheitskräfte erschossen.
Familienvater als Amokläufer
Wie die „New York Times“ am Montag berichtete, ging der Unteroffizier den Aussagen von Dorfbewohnern nach von Tür zu Tür und drang scheinbar willkürlich in drei verschiedene Häuser ein, wo er seine Opfer tötete und mehrere Leichen verbrannte. Von seiner Basis in Pandschwai aus sei der Mann mehr als eine Meile (1,6 Kilometer) zum Ort der Bluttat gelaufen.
Die Zeitung berichtete weiter, dass sich der Amokläufer anschließend ergeben habe. Es handele sich um einen 38-jährigen Feldwebel. Der verheiratete Mann und zweifache Familienvater sei seit Dezember in seinem ersten Afghanistan-Einsatz. Zuvor sei er dreimal im Irak stationiert gewesen.
Weltweite Bestürzung
Von einem „unverzeihlichen Verbrechen“ sprach Afghanistans Präsident Hamid Karsai nach der Bluttat. Auch US-Präsident Barack Obama äußerte noch am Sonntag in einem Telefongespräch mit Karsai „Schock und Trauer“. Fassungslose Bestürzung rief der Amoklauf bei Bundesaußenminister Guido Westerwelle hervor.
Bei ihrem Besuch setzte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch mit Karsai in Verbindung und bekundete ihr Beileid anlässlich der „schrecklichen Tat des US-Soldaten“.