Abschied eines Stehaufmanns: Kubica-Comeback endet mit Frust
Singapur – Robert Kubica ist einfach kein Mann für große Emotionen. Die warmen Worte der Kollegen zu seinem gerade verkündeten Abschied beim Formel-1-Team Williams wollte dieser so bemerkenswerte Rennfahrer eigentlich nicht hören.
«Klar kannst du sie fragen, aber ich denke, wir können das überspringen. Dauert ja sowieso lange», sagte Kubica bei der Medienrunde des Weltverbands vor dem Nachtrennen in Singapur. Dass der Pole bei der Tortur im Treibhaus auf dem Marina Bay Street Circuit am Sonntag (14.10 Uhr/RTL und Sky) überhaupt wieder dabei ist, grenzt noch immer an Wunder.
Nach acht Jahren unfreiwilliger Pause fährt Kubica in dieser Saison wieder in der Königsklasse. Seine schweren Verletzungen nach einem beängstigenden Rallye-Unfall Anfang 2011 hatten die Karriere des als kommenden Formel-1-Weltmeisters gehandelten Krakauers beinah beendet. Sein Grand-Prix-Comeback hätte eine filmreife Geschichte werden können, wenn nicht sein Williams-Rennwagen so hoffnungslos unterlegen wäre. Und so geht Kubica zum Saisonende auf eigenen Wunsch wieder.
Die Formel 1 ist eine unbarmherzige Welt. Der Stehaufmann Kubica ist schnell wieder zur Randnotiz verkommen, weil er mit seinem Team einfach nicht mithalten konnte. Es klang also ein wenig Bitternis durch, als der 34-Jährige sagte: «Ich muss wieder etwas tun, das mir die Freude am Rennfahren zurück bringt.»
Mehr als elf Jahre ist es her, dass Kubica seine wohl größte Stunde in der Formel 1 erlebte. In Montréal holte er im BMW seinen einzigen Rennsieg und übernahm die WM-Spitze. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis dieser schlaksige Mann mit der großen Nase einen Titel holen würde. Doch BMW verlor den Anschluss, bei Renault war sein Auto auch nicht stark genug. Für 2012 hatte er bereits einen Vorvertrag mit Ferrari geschlossen, als das Schicksal zuschlug.
Als Gaststarter bei einer unbedeutenden Rallye in Italien kam Kubica von der Strecke ab. Eine Leitplanke durchbohrte sein Auto. In einer Notoperation konnte sein rechter Arm gerettet werden, er kann ihn aber nur noch eingeschränkt nutzen. «Die größte Anpassung fand im Kopf statt. Es ist unglaublich, wie sich das Gehirn und der Körper auf neue Bedingungen einstellen», sagte Kubica im Sommer dem Fachmagazin «Auto, Motor und Sport». Sein linker Arm sei schneller und präziser «als der linke Arm von 99 Prozent aller Menschen».
Er habe seine Behinderung akzeptiert, sagt Kubica. Und er hat sich zurückgekämpft, über erfolgreiche Rallye-Einsätze und beeindruckende Testfahrten im Formel-1-Auto. «Seine Stärke und Hingabe sind bemerkenswert», sagte der fünfmalige Weltmeister Lewis Hamilton in Singapur. «Er ist eine Inspiration für alle, die schlechte Erfahrungen gemacht haben», ergänzte Haas-Pilot Romain Grosjean.
Auf der Strecke aber kann Kubica keine Rücksicht erwarten. Auch sein junger Teamkollege George Russell ist für gewöhnlich schneller, Kubica taucht meist am Ende der Ergebnislisten auf. «Es ist eine sehr schwierige und harte Saison für alle bei Williams. Deshalb habe ich mich entschieden, dass ich andere Optionen prüfen werde», sagte Kubica.
Als Nachfolger wird der Kanadier Nicholas Latifi gehandelt. Er würde anders als Nico Hülkenberg, der Renault verlassen muss, auch dringend benötigte Sponsoren-Millionen zu Williams mitbringen.
Und Kubica? «Nicht um jeden Preis» will er weiter in der Formel 1 bleiben, die Chancen sind ohnehin minimal. Das Deutsche Tourenwagen Masters könnte ein Ziel sein, Audi ist wohl interessiert. Noch ist die Rennfahrer-Geschichte von Robert Kubica nicht auserzählt.
(dpa)