Inhaftierung von Julia Timoschenko: Druck auf die Ukraine nimmt zu
Im Fall der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, noch vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft eine Lösung von der Ukraine gefordert.
Aus humanitären Gründen müsse umgehend die Freilassung der 51-jährigen Oppositionsführerin erfolgen, sagte Löning dem Handelsblatt Online. Stärkere Proteste forderten gegen die ukrainische Führung forderten indes die Grünen von der Bundesregierung. Positive Folgen für Timoschenko verspricht sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeiner von der Absage des Ukraine-Besuchs von Bundespräsident Joachim Gauck.
Absage soll Diskussion in der Ukraine auslösen
„Die Absage eines verabredeten Besuchs durch das deutsche Staatsoberhaupt ist keine Kleinigkeit, und ich bin mir sicher, dass wir damit in der Ukraine Diskussionen auslösen, die hoffentlich das Ergebnis haben, dass Julia Timoschenko bessere Behandlungsmöglichkeiten bekommt“, sagte Steinmeier dem „Hamburger Abendblatt“.
Die Absage sei „richtig und nachvollziehbar“, lobte der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, die Entscheidung Gaucks. Es dürfe aber nicht am Bundespräsidenten „kleben bleiben, gegen die autoritären Machenschaften (des ukrainischen Präsidenten Viktor) Janukowitschs zu protestieren“. Beck forderte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Handeln auf. Sie müsse Farbe bekennen „und bei einem Besuch in der Ukraine Julia Timoschenko im Gefängnis besuchen und sich nicht neben Janukowitsch auf eine EM-Tribüne setzen“.
Boykott der Fußball-EM keine Option
Löning forderte die ukrainischen Behörden auf, „Frau Timoschenko und den anderen Betroffenen unverzüglich die medizinische Versorgung zukommen zu lassen, die sie benötigen“. Ein Boykott der Fußball-Europameisterschaft sei jedoch wenig sinnvoll.
Die Vergabe der Europameisterschaft sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als das Land von positiven Entwicklungen gekennzeichnet war. „Leider sehen wir in den letzten Jahren eine Rückwärtsbewegung, die uns sehr enttäuscht“, sagte Löning. Jedoch müsse man „nun mit der Vergabeentscheidung leben“.
Der internationale Fokus muss neben dem Sport auch verstärkt auf den menschenrechtlichen Problemen gerichtet werden.
Erste Absage vonseiten politischer Prominenz
Die Absage von Viviane Reding hatte das Büro der EU-Kommissarin am Donnerstag bestätigt. Die für Justiz und Grundrechte zuständige Kommissarin werde nicht am ersten Spiel der Fußball-Europameisterschaft teilnehmen. Diese Entscheidung habe Reding auch UEFA-Präsident Michel Platini in einem Brief mitgeteilt. Informationen der „Bild“-Zeitung nach begründete sie die Absage mit den Menschenrechtsverletzungen und dem Umgang der ukrainischen Führung mit Timoschenko.
Kritik am Gastgeber der sportlichen Großveranstaltung kam auch von Hans-Peter Friedrich. Der auch für Sport zuständige Bundesinnenminister habe ein Problem damit, als Sportminister an der Europameisterschaft teilzunehmen „und zu wissen, da wird Kilometer entfernt jemand nicht nach den Regeln, die wir uns gemeinsam gegeben haben in der zivilisierten Staatenwelt, behandelt“. Zudem forderte Friedrich eine angemessene Krankenbehandlung für Timoschenko.