EU-Kommission zieht Klage gegen Ungarn in Erwägung
Die rechtskonservative Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban könnte sich demnächst mit einem Gerichtsverfahren beim Europäischen Gerichtshof konfrontiert sehen. Ursache sei die Verletzung der EU-Verträge.Die EU-Kommission hat Ungarn ein Ultimatum von einem Monat gestellt. Insofern Budapest bis dahin nicht zur Änderung zweier Gesetze bereit sei, könne es zu einem Verfahren wegen Missachtung der EU-Verträge kommen, sagte eine Sprecherin des Kuratoriums am Mittwoch in Brüssel.
Zwei entscheidende Gesetze als Streitfall
Die strittigen Gesetzen haben die Pensionierung von 274 Richtern zum Inhalt und machen eine zügige Abberufung des Datenschutzbeauftragten möglich.
Weiterhin verlangt die EU-Kommission ausführliche Informationen über die von der EU erzwungene Revision eines die Nationalbank betreffenden Gesetzes. „Wir brauchen Klarheit, wir müssen den Gesetzentwurf sehen“, sagte die Sprecherin.
Aufgrund von Erklärungen der Regierung Orbans, die häufig Entscheidungen der Notenbank kritisiert würden, sieht das Kuratorium zudem die Unabhängigkeit der Zentralbank in Gefahr. Um Druck auf den Präsidenten der Notenbank zu schaffen, würde außerdem eine Gehaltskürzung von etwa 70 Prozent in Erwägung gezogen werden.
Vorerst keine finanzielle Unterstützung Ungarns durch die EU
Dass die Beziehungen zwischen der EU und dem von einem starken Rechtsruck gekennzeichneten Ungarn äußerst angespannt ist, zeigt auch die Entziehung möglicher Hilfsgelder seitens der EU-Kommission. Das vom Staatsbankrott bedrohte Land benötigt eigenen Angaben zufolge 15 bis 20 Milliarden Euro. Diese Gelder werden jedoch nicht fließen, solange es zu keiner Einigung gekommen ist. „Wir brauchen Klarheit, bevor die Gespräche beginnen können“, sagte die Kommissionssprecherin.
Bisherige Bemühungen nicht ausreichend
Zwar gehe Budapest durchaus auf die Forderungen zu, doch die bisherigen Antworten reichen nicht aus, hieß es in einer Erklärung der zuständigen EU-Grundrechtekommissarin Viviane Reding am Mittwoch. Die Unabhängigkeit der Justiz sei durch die lediglich zeitweilig geltende Herabstufung des Rentenalters für Richter infrage gestellt.
EU-Währungskommissar Olli Rehn ist hinsichtlich der grundsätzlichen Bereitschaft Ungarns, das Gesetz über die Nationalbank zu ändern, erfreut.Die Kommission benötige jedoch klare Verpflichtungen, wie etwa den Gesetzestext. Erst dann könne entschieden werden, ob auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verzichtet wird.