Wie viel Risiko in ETFs steckt

Düsseldorf – In Zeiten der Niedrigzinsphase empfehlen viele Experten Indexfonds (ETF) als vergleichsweise sichere Geldanlage mit guten Renditechancen. Die passiv verwalteten Fonds bilden einen Aktienindex wie den Dax oder den MSCI World ab:

So sind sie breiter gestreut als Titel einzelner Unternehmen. Doch weil es sich um Börsenprodukte handelt, bleiben auch bei diesen Anlagen Unsicherheiten. Wie schätzt man das Risiko von ETFs richtig ein?

Eine Eigenheit von ETF ist, dass sie Indizes passiv nachbilden. Vereinfacht gesagt: Steigt der MSCI World im Wert, legen dessen Indexfonds zu. Das sorgt auch für vergleichsweise niedrige laufende Kosten im Vergleich etwa zu aktiven Fonds. «Dafür gibt es jedoch im Umkehrschluss keinen Manager, der in gewissen Situationen mit guten Entscheidungen das Ruder in die richtige Richtung lenken könnte», gibt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu bedenken.

Der wesentliche Risikofaktor ist deshalb der Index, den der Fonds abbildet. Vermögensverwalter Markus Richert beobachtet, dass ETFs inzwischen «für mehr oder weniger alles Mögliche» aufgelegt werden, wie er es formuliert. «Wer darin investiert, muss schon genau wissen, was er macht», sagt der Experte. Er rät Anlegern: Kaufe nur das, was du kennst und für das du ein Gefühl hast.

Je spezieller, desto risikoreicher

Generell gilt laut Vermögensverwalter Markus Richert: Je breiter der Index ist, desto höher ist die Liquidität des abgebildeten Marktes. Umgekehrt steigt mit der Spezialisierung das Anlagerisiko. Denn bei sehr breiten ETFs fällt es weniger ins Gewicht, wenn die Aktie eines Unternehmens im Index in den Keller geht. Umfasst der Index aber nur zehn Titel, hat eine Niete stärkere Auswirkungen auf die Entwicklung des ETF.

Unter dem Strich gilt die Regel: «Das Risiko, das man mit einem ETF eingeht, ist das Risiko der Aktien, die im Index sind», sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Bei der Wahl des ETF lohnt daher ein Blick in die Details. Datenblätter beschreiben Wertentwicklung, Anlageziele, Vermögensaufteilung sowie Chancen und Risiken des Fonds.

Oft wird ein Risiko-Ertrags-Indikator angegeben, der die Gefahr von Verlusten und die Optionen von Gewinnen auf einer Skala taxiert. «Das macht jeder Anbieter etwas individuell», erklärt Verbraucherschützer Scherfling. Für sich allein bringt diese Information aber wenig. Stattdessen sollte man im Faktenblatt genau nachlesen, was der Fonds mit dem Geld macht, rät Scherfling.

Niedriges Fondsvolumen ist ein Warnsignal

Für Verbraucherschützer Scherfling liefert das Fondsvolumen einen wichtigen Eindruck. Wurden 20 Millionen Euro oder eine Milliarde Euro investiert? Bei einem schon länger am Markt agierenden Fonds sei ein vergleichsweise geringes Volumen tendenziell ein Warnsignal. «Da hat wohl etwas nicht funktioniert und diejenigen mit größerem Volumen haben im Vergleich wohl etwas besser gemacht.»

Wie die Risiken abgesichert sind, richtet sich danach, wie der ETF den Index nachbildet. Repliziert er physisch? Dann kauft er entsprechend ihrer Gewichtung im Index die Aktien der Unternehmen und hält sie im Depot: Ein physisch replizierender Dax-ETF besitzt tatsächlich die Titel der 30 Dax-Konzerne im entsprechenden Verhältnis in seinem Portfolio. Synthetisch replizierende Fonds bauen den Index dagegen mit Finanzinstrumenten nach, erklärt Kurz. Das können zum Beispiel Optionsscheine sein.

Risiken sind je nach Abbildungsart gesichert

So oder so: Die systemischen Risiken sind ähnlich. Während physisch replizierende Fonds grundsätzlich zum Sondervermögen gehören, und damit bei einer Pleite der Fondsgesellschaft nicht Teil der Insolvenzmasse sind, müssen synthetisch replizierende ETFs zu 100 Prozent abgesichert sein, in der Regel mit Staatsanleihen oder Bargeld, so Kurz.

Er hält physisch replizierende ETF mit Blick auf die Absicherung für etwas besser als synthetisch replizierende. «Obgleich ich auch bei diesen das Risiko für sehr gering halte.»

Am Ende zeigen viele Statistiken: Auf lange Sicht bringen Börsenanlagen zwar meist Rendite, sie sind aber auf kürzere Sicht immer wieder starken Schwankungen ausgesetzt. Bei Aktienanlagen gibt Finanzplaner Richert darum immer noch einem alten Rat: «Anlegen, zehn Jahre warten – und dann schauen, was aus der Anlage geworden ist. Der Tipp hat weiterhin seine Berechtigung.» Kaufen und halten, diese Devise sei über alle Marktphasen hinweg immer noch die beste.


(dpa/tmn)

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