Szene-Lexikon: Was 2018 angesagt war
Berlin – «I bims» und Intermittierendes Fasten? Fidget Spinners und Schokopizza? Alexa und «Despacito»? Total 2017! Und was hat uns im Jahr 2018 in der Szene und im Alltag bewegt? Ein Überblick von Trends und Phänomenen des Jahres – alphabetisch geordnet.
A WIE
Abba: Das angekündigte Mini-Comeback elektrisierte die Musikwelt. «Es war so, als ob die Zeit stillgestanden habe, und wir waren nur für einen kurzen Urlaub weg», verkündeten die vier Schweden von Abba.
Abschiede: Die Musikwelt musste Abschied nehmen von Legenden wie Aretha Franklin («Respect»), Charles Aznavour («Emmenez-moi»), Montserrat Caballé («Barcelona»), Avicii («Wake me up») und Dieter Thomas Heck («ZDF-Hitparade»).
Aktivkohle: schräger Trend in Duschgel, Eis, Smoothie, Zahnpasta und so weiter. Das schwarze Pulver gehört neben Protein, Soja und Veggie zu den am stärksten wachsenden Ernährungs- und Lifestyle-Trends.
B WIE
«Bella Ciao»: Italienisches Partisanenlied, das zum Sommerhit des Jahres gekürt wurde – von El Profesor im Remix von DJ Florent Hugel. Der Song wurde durch die Netflix-Serie «Haus des Geldes» populär.
Berghain: In Berlins Techno-Tempel trat Kylie Minogue auf, was als Coolheits-Einbuße galt. Eine «Spiegel»-Reportage lenkte den Fokus auf Drogenmissbrauch in dem auf Verschwiegenheit bedachten Club.
Bierschorle: Im Zuge des Langzeit-Trends zu weniger Alkohol und leichterem Trinken fanden sich auf immer mehr Getränkekarten mit tafelwasserverdünnten Gerstensäfte. Prost?!
Bildschirmzeit: iOS 12 hat neben anderen Features und Änderungen auch das Tool «Bildschirmzeit» eingeführt. Überwachung und Begrenzung sind damit möglich. Erkenntnis: Hilfe, ich bin täglich 8 Stunden am Handy!
Bodyshaming: altes, fieses Phänomen, spätestens 2018 populär gewordener Begriff. Bedeutet, jemanden wegen seines Körpers zu beleidigen. Das betrifft meist Dicke, kann aber (fast) jeden treffen.
«Böhmermanns perfekte Weihnachten»: die Hoppenstedts von Loriot («Früher war mehr Lametta») sind ein TV-Klassiker. Hier wurde eine Art Loriot 2.0 in einem Mehrfamilienhaus an Heiligabend gezeigt.
«Bullshit-Jobs»: Buch von David Graeber gegen nutzlose, überflüssige berufliche (Un-)Tätigkeiten. Traurige These nebenbei: Je sinnvoller eine Arbeit ist, desto schlechter wird sie heutzutage bezahlt.
C WIE
Cannabis: Kanada erlaubte Anbau und Verkauf von Cannabis unter staatlicher Kontrolle. In Deutschland sind Cannabis-Produkte illegale Suchtmittel. Wie lang sind Besitz, Anbau und Handel noch verboten?
«Cordula Grün»: Der Wiener Josh. landete mit dieser eigentlich nachdenklichen Ballade – etwas mit Mädchen und Farben – einen Partykracher und den deutschsprachigen Wiesn-Hit des Jahres.
CDs: Es passierte tatsächlich erst dieses Jahr, dass erstmals mit Streaming mehr Geld eingenommen worden ist als mit dem Verkauf von CDs, wie es vom Bundesverband Musikindustrie hieß.
Conchita: Hinter der Gewinnerin des Eurovision Song Contest 2014 steckt eigentlich der Österreicher Tom Neuwirth, der 2018 ein HIV-Coming-out wagte und langsam das Dragqueen-Dasein ablegt.
D WIE
Dancing Queen: Nochmal Abba. SOS! Cher brachte ein Cover-Album heraus. Fans waren begeistert, andere hielten es für ihr Waterloo. Die Popikone spielte auch im Film «Mamma Mia! Here We Go Again» mit.
Deutsch: Deutsche Musik dominierte die Charts – aber sowas von. Zwei Drittel der Top 100 und neun der ersten Zehn waren den Jahrescharts von GfK Entertainment zufolge von deutschsprachigen Künstlern.
Drittes Geschlecht: Menschen, die sich weder als Frau oder Mann fühlen, können sich künftig offiziell als «divers» bezeichnen. Die Regierung kam einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach.
E WIE
Eichhörnchen: knuffige Tiere. Berühmtheit erlangte die kleine Pippilotta aus Karlsruhe. Sie heftete sich im August dehydriert so hartnäckig an die Fersen eines Mannes, dass der die Polizei rief.
«Ehrenmann» beziehungsweise «Ehrenfrau»: Nach «I bims» (Ich bin’s) diesmal das «Jugendwort des Jahres». So werde jemand bezeichnet, der etwas Besonderes für einen tue, hieß es vom Langenscheidt-Verlag.
F WIE
Feine Sahne Fischfilet: Keine deutsche Band bekam so viel Aufmerksamkeit wie diese Punks aus der ostdeutschen Provinz, die sich gegen Rechts engagieren und im Herbst Wirbel in Dessau auslösten.
Fischer, Helene: Trennung von Florian Silbereisen, neue Liebe, Duett mit Eros Ramazotti, «Vogue»-Cover: die auch laut «Forbes» gut verdienende deutsche Schlagerkönigin erfand sich 2018 neu.
Fischer, Hyäne: möglicher Beitrag einer Kunstfigur zum Eurovision Song Contest 2019 für Österreich. Das Musik-Video zum Lied «Im Rausch der Zeit» ist jedenfalls altbacken und cool zugleich.
Frankfurt am Main: Krankfurt/Bankfurt hat jetzt eine neue Altstadt. Auch der Henninger Turm ist wieder da. Das Restaurant oben pflegt aber absurden Menü-Sprech: «Progressive German Vintage Cuisine».
G WIE
Gastronomie: Die Welt der guten Küche musste von Legenden wie Nouvelle-Cuisine-Wegbereiter Paul Bocuse, Jahrhundertkoch Joël Robuchon und TV-Koch Anthony Bourdain Abschied nehmen.
Gedicht: Selten hat ein Gedicht soviel Aufmerksamkeit erhalten wie das Werk «Avenidas» von Eugen Gomringer, das von einer Berliner Hochschulhauswand entfernt wurde, weil es angeblich sexistisch ist.
Gin Tonic: Der Longdrink-Trend ist langlebig und ging weiter. Auch Discounter hatten eine «Gin des Lebens»-Woche mit besonderen Sorten des Wacholderschnapses und der Bitterlimonade Tonic im Angebot.
H WIE
Handgepäck: Wer mit Billigfliegern reist, kennt den Gepäckwahnsinn in der Flugzeugkabine. Ryanair erregte Aufsehen mit einer neuen Regelung, nur noch kleine Taschen (40x20x25 Zentimeter) zuzulassen.
Handykette: Accessoire des Jahres. Beim smartphone necklace baumelt das Handy in Schutzhülle an einer Schnur brustbeutelmäßig um den Hals. Die Marke der Erfindern Yara Jentzsch Dib heißt Xouxou Berlin.
Hase: «Hase, du bleibst hier», sagt eine Unbekannte zu ihrem Freund, der sich in Chemnitz Kumpels beim Pöbeln und Verfolgen anschließen will. Vieldiskutiertes Video, das den Kosenamen desavouierte.
Heimat: Das Bundesinnenministerium wurde unter Horst Seehofer (CSU) um die Zuständigkeit für «Heimat» erweitert. Das Wort, das für viele Leute altbacken klingt, hat wieder Konjunktur, wurde zum In-Begriff.
I WIE
«In My Mind»: Hit des Jahres von Dynoro & Gigi D’Agostino, der in diesem Sommer die Danceflors beherrschte und lange Nummer eins in den Offiziellen Deutschen Charts von GfK Entertainment war.
Instagramibility: Wort für Orte, die sich gut für Fotos in sozialen Netzwerken wie Instagram eignen. Viele Jüngere suchen Reiseziele vor allem danach aus, egal ob in Italien, Spanien, Norwegen oder den USA.
J WIE
JWD: «Joko Winterscheidts Druckerzeugnis», neues Personality-Magazin, also eine «Barbara» für Männer. Auch «Guido» kam an den Kiosk (Magazin von Guido Maria Kretschmer) sowie «Boa» (Jérôme Boateng).
K WIE
Kakigōri: Nach rohem Keksteig zum Löffeln war dieses locker flockig geschabte Eis nun plötzlich der Dessert-Trend des Jahres. Heißer, pardon kalter, Scheiß aus Japan.
Kino: Überraschend gelungene Geschichten über Heranwachsende gab es in den Filmen «Lady Bird» von Greta Gerwig und «Love, Simon». Letzterer ist eine US-Highschool-Komödie mit schwuler Hauptfigur.
Kondo: Mit Aufräumen kann man Geld verdienen, wenn man es lehrt. Die Japanerin Marie Kondo ist die Sortierkönigin. In ihren Büchern führt der Weg zu Glück und innerer Ordnung über ein ordentliches Zuhause.
«Kulenkampffs Schuhe»: eine Doku vom SWR, in der Regina Schilling als Kind eines Kriegsheimkehrers die These entwickelt, dass TV-Stars wie Kulenkampff Therapeuten einer traumatisierten Generation waren.
L WIE
Lama: Nach Eule, Faultier, Flamingo und dem (viel zu) langen Einhorn-Hype wurden 2018 Lamas und Alpakas zu Trendtieren.
Lauch: Okay, nicht ganz neu, aber ein 2018 angesagtes Wort für Trottel – war auch zu finden auf der Wahlliste für das Jugendwort des Jahres.
LED-Ballons: Trend-Utensil, das in diesem Jahr bei allen möglichen Open-Air-Veranstaltungen leuchtete – vom Festival bis Weihnachtsmarkt.
«Lindenstraße»: Die ARD-Dauerserie musste dieses Jahr erstmal den Abschied von Vater Beimer verkraften und bekam dann im Herbst noch den richtigen Todesstoß. Sie soll 2020 nach fast 35 Jahren enden.
L M G T F Y (lmgtfy): Diese Abkürzung steht für «let me google that for you» und ist ein Ausdruck dafür, wenn jemand eine unnötige Frage stellt, die auch Google beantworten kann.
M WIE
#MeTwo: Ein Hashtag, der so ähnlich wie «MeToo» klingt, sich aber um Alltagsrassismus und seine Ausmaße dreht. Bedeutet «Ich zwei» und soll darauf hinweisen, dass ein Mensch auch zwei Heimaten haben kann.
Metropolen: Nach dem Elphi-Hype musste Hamburg mit dem HSV-Abstieg in die 2. Bundesliga klarkommen, auch Köln ist nur zweitklassig. In Bayern – Hauptstadt München – verlor die CSU ihre absolute Mehrheit.
Musical.ly: Die populäre Playback-Video-App Musical.ly wurde mit der bislang eher in Asien bekannten Schwester-Anwendung Tik Tok zusammengelegt.
N wie
«Nanette»: Ein Mitschnitt dieses Comedy-Programms machte via Netflix die lesbische Australierin Hannah Gadsby, die unterhaltsam übers Anderssein spricht, zum Star und brachte Millionen zum Nachdenken.
O WIE
Ohrwurm: Wer den Ballermann-Song «Mama Lauda» von Almklausi und Specktakel hörte, wurde ihn kaum mehr los. «Wie heißt die Mutter von Niki Lauda? Mama Lauda! Mama Lauda!» Übrigens: eigentlich Elisabeth.
Olympia: Mit einer sensationell rührenden Kür holen die Eiskunstläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot Olympia-Gold, das erste für Deutschland im Paarlauf seit 66 Jahren. Klickhit im Netz.
Overtourism: populär werdender Begriff für überlaufene Orte und Städte wie Amsterdam und Venedig, aber zum Beispiel auch Teile Berlins.
P WIE
Plastik: vieldiskutiertes Thema – Stichwörter: Trinkhalme, Vermüllung der Ozeane, Verpackungen im Supermarkt, Mikrospuren im menschlichen Körper. Auch im Trend: Plogging (Joggen mit Müllsammeln).
Poké: Hawaii war 2018 sehr angesagt, modisch-bunt mit Aloha-Wear und beim Food mit dem Fischsalat Poké (übersetzt «geschnitten»). Poké vereint einige Gastro-Trends der letzten Jahre: Bowl, Sushi, Ceviche.
Popstars: Madonna wurde 60, Kylie Minogue 40, Lady Gaga kam ins Kino («A Star is born»), Taylor Swift wurde politisch. Neues Gesicht in der Riege der starken Frauen war Camila Cabello («Havana»).
PrEp: Steht für Prä-Expositions-Prophylaxe und ist eine Revolution bei der HIV-Vorbeugung. Im Sommer kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn an, dass die Krankenkassen die Kosten übernehmen werden.
Q WIE
Qual: Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung DSGVO nervte Millionen. Mancher scherzte schon, die meiste Zeit des Jahres damit verbracht zu haben, zuzustimmen, dass die besuchte Website Cookies verwende.
R WIE
Rap: Im Hip-Hop wird noch ordentlich Geld gemacht. Die Rapper Bonez MC & RAF Camora brachen einige Rekorde. Skandale gab es auch: Hip-Hop-Star Kollegah killte mal eben kurz den Musikpreis Echo.
S WIE
«Saufen, morgens, mittags, abends»: war der Karnevalshit der Saison. Der Berliner Partysänger Ingo ohne Flamingo (Träger einer Entenmaske) lieferte laut GfK Entertainment das beliebteste Faschingslied.
Serien: 2017 bei Sky, war «Babylon Berlin» 2018 bei der ARD zu sehen. Auch die ZDF/Arte-Serie «Bad Banks» mit Paula Beer und Désirée Nosbusch begeisterte oder «Deutschland 86», «Beat» und «Das Boot».
Sommer: 2018 war das Jahr des ewigen Sommers, der gefühlt von April bis Oktober dauerte. So trocken war es selten zuvor.
Stormy Daniels: Ex-Pornodarstellerin, die nach eigener Aussage 2006 Sex mit Donald Trump hatte und viel plaudert – Stichwort «Toad». Trump zahlte angeblich Schweigegeld. Er bestreitet den Sex.
T WIE
«Toy»: Dieser Gacker-Ohrwurm ist ein mutmachender Frauensong (Ich bin nicht dein Spielzeug!). Das Lied der israelischen Sängerin Netta gewann im Mai in Lissabon den Eurovision Song Contest.
Traditionshase: Zu Ostern löste dieser auf Kassenzetteln verwendete Begriff für Schoko-Osterhasen Wirbel um angebliche «Unterwerfung» aus. Eine von vielen wirren Debatten in sozialen Netzwerken.
Tragetuch: Der Moderator Piers Morgan lästerte über 007-Darsteller Daniel Craig mit kleiner Tochter in einer Bauchtrage – von wegen #emasculatedBond/entmannter Bond. Ging zum Glück nach hinten los.
Tumblr: Die Blogging-Plattform, bei der Texte und vor allem Bilder und Videos veröffentlicht werden können, verbat pornografische Inhalte. Aus Sicht vieler wurde sie damit ziemlich überflüssig.
U WIE
«Unteilbar»: Riesendemo am 13. Oktober in Berlin, die an alte Loveparade-Zeiten denken ließ und ein Zeichen gegen Rassismus und Rechtspopulismus setzen wollte.
Uritrottoir: Gegen das Wildpinkeln geschaffene Open-Air-Klos mit diesem Namen – zum Beispiel an der Seine – waren ein Aufreger in Paris dieses Jahr. (Männlichen) Touris gefiel’s, Anwohnern nicht so.
V WIE
Viva: Oh, diesen Musiksender gab’s noch? Ein Vierteljahrhundert nach seiner Gründung kam das Aus. Viva teilte sich schon seit längerem einen Programmplatz mit der Sendemarke Comedy Central.
W WIE
Wiederverwendbare To-go-Becher: Der Coffee-to-go-Konsum verursacht jährlich einen Müllberg aus Milliarden Pappbechern. Kommunale Pfandsysteme kamen, Umweltbewusste setzten 2018 auf Mehrwegbecher.
#Wirsindmehr: Selbst Schlagerkönigin Helene Fischer, die eigentlich Politik meidet, rief Anfang September ihre Fans zu einem Zeichen gegen Fremdenhass auf und stieß somit zur #Wirsindmehr-Fraktion.
X WIE
Das X in «Spex»: Nach 38 Jahren wurde das Pop-Magazin «Spex» eingestellt. Nach 29 Jahren verschwand auch «Groove» als Print – und nach 15 Jahren das Nullerjahre-Organ «Neon» für junge Erwachsene.
Y WIE
Yoga: Verrückte Varianten gibt es immer mehr, sei es Nackt-Yoga, Ziegen-Yoga, Bikram-Yoga oder Hunde-Yoga, auch DOGA (von Dog Yoga) genannt, bei dem man den eigenen Vierbeiner krault.
Z WIE
Zeitersparnis: Sprachnachrichten lagen im Trend bei jungen Leuten. Viele Ältere schütteln aber eher den Kopf, wenn sie gesprochene Nachrichten abhören müssen. Warum nicht gleich telefonieren?
Zeitumstellung: Ein heiß diskutiertes Thema war in diesem Jahr die Idee der EU-Kommission, die Zeitumstellung (im Sommer eine Stunde vor, im Winter eine Stunde zurück) abzuschaffen. Der Cloxit naht!
#Zsammn: mit Spott und Hohn bedachter Hashtag zur Fußball-WM, bei der Deutschland so früh wie noch nie ausschied.
(dpa)