Diskussion um Pokalreform – Erstligisten in Stolpergefahr
Düsseldorf – Für DFB-Präsident Reinhard Grindel ist der Pokalauftakt ein «Feiertag der Einheit des deutschen Fußballs», für die Bundesliga-Elite dagegen ein zu früher Einstieg in die Pflichtspiel-Saison.
Begleitet von einer Reform-Diskussion startet der DFB-Pokal in die erste Runde. Ein Kompromissvorschlag, der sowohl den Wünschen der Amateurclubs nach einem lukrativen Erstrundengegner als auch den Forderungen der Spitzenvereine nach mehr Vorbereitungszeit nachkommt, könnte die Wogen glätten. «Jeder Amateurclub soll weiterhin die Chance haben, in der ersten Runde auf Bayern, Dortmund oder einen anderen Traumgegner zu treffen», kommentierte Grindel.
Das geplante Modell soll im Herbst verabschiedet werden und sieht angeblich vor, dass die für einen Europacup qualifizierten Vereine von 2019 an erst vier Wochen später als die übrigen Mannschaften in den Wettbewerb einsteigen. Damit würden im September maximal sieben Partien stattfinden, die anderen Begegnungen wie bisher eine Woche vor dem Bundesligastart. Die Vorteile dieser möglichen Übereinkunft zwischen DFB und DFL: Die «Großen» hätten mehr Zeit für die Vorbereitung und für lukrative Auslandsaktivitäten. Zudem könnten mehr Spiele live im Fernsehen gezeigt und damit höhere Einnahmen erzielt werden – auch für die «Kleinen».
In diesem und im kommenden Jahr bleibt jedoch noch alles beim Alten. Das große Los, von dem alle unterklassigen Teams träumen, haben diesmal der Chemnitzer FC und der 1. FC Rieslasingen-Arlen gezogen. Für die wirtschaftlich klammen Chemnitzer kommt das Duell mit dem Rekordsieger FC Bayern am Samstag (15.30 Uhr) gerade recht. «Vielleicht hat es der Fußball-Gott nach der schweren Zeit einfach gut gemeint mit uns», sagte Sportvorstand Steffen Ziffert.
Ähnlich gering wie die Chancen des sächsischen Drittligisten dürften die des badischen Verbandsligisten Rieslasingen-Arlen am Samstag (15.30 Uhr) sein. Immerhin fünf Mal stand der Gegner aus Dortmund in den vergangenen sechs Jahren im Pokalfinale und übertraf damit selbst die Münchner (4). Doch die Vorfreude bei Oliver Ley ist größer als der Respekt: «Das ist ein Jahrhundertspiel für uns, für den einen oder anderen auch ein Lebensspiel.» Von einer Sensation in der nach Freiburg verlegten Partie mag der Vereinssprecher allenfalls träumen: «Jeder Realist weiß, dass sechs Ligen Unterschied was ausmachen. Früher gab’s die Faustregel: pro Liga zwei Tore.»
Insgesamt sieben Bundesligisten treffen in den Partien von Freitag bis Montag auf einen Drittligisten. Die restlichen elf Mannschaften aus dem Fußball-Oberhaus bekommen es mit Amateurclubs zu tun. Alle sind gewarnt. Coups der Underdogs gibt es in der Historie des Wettbewerbs zuhauf. Leidtragende in der vorigen Saison waren Werder Bremen und RB Leipzig. Für Werder war es das gar vierte Erstrunden-Aus seit 2011 gegen ein Drittligateam.
Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann sprach vor dem Auftritt seiner Mannschaft bei Rot-Weiß Erfurt am Samstag (18.30 Uhr) Klartext: «Das ist das Spiel des Jahres für Erfurt. Wir haben keine Lust, dass sie noch mehr Spiele des Jahres kriegen. Eines ist genug. Ohne arrogant klingen zu wollen: Wir fahren dahin, um zu gewinnen.»
Es gehört zu den Besonderheiten dieses Spieltages, dass gleich neun Gastgeber umziehen. Größere Fußballstadien in der Nähe garantieren den Amateurclubs seit jeher größere Einnahmen. Dass die Würzburger Kickers dabei 100 Kilometer und die TuS Koblenz gar absurde 430 Kilometer in Kauf nehmen, ist jedoch ungewöhnlich.
Wegen einer Klage von sechs Anwohnerparteien darf in Würzburg kein Spiel nach 19.30 Uhr angepfiffen werden. Eine Vorverlegung der am Samstag für 20.45 Uhr geplanten Partie kam für den DFB zu kurzfristig. Das fast eineinhalb Autostunden entfernte Offenbach war die bestmögliche Lösung.
In Koblenz war die Sanierung des heimischen Stadions nicht rechtzeitig abgeschlossen. Deshalb weicht der Regionalligist für die Partie gegen den Zweitligisten Dynamo Dresden in das 430 Kilometer entfernte Zwickau aus. Bei Alternativstandorten wie Mainz, Wiesbaden und Köln hatte es zuvor nur Absagen gegeben. Wegen des schlechten Rufs der Dresdner Fans untersagte Nordrhein-Westfalen für das gesamte Bundesland die Austragung des Spiels. Immerhin übernimmt die Stadt Koblenz Mehrkosten in Höhe von 50 000 Euro.
(dpa)