Angehörige von Analphabeten brauchen Fingerspitzengefühl
Münster – Wollen Angehörige einem Analphabeten in der Familie helfen, sollten sie versuchen, ihm die Scham nehmen. Wichtig sei ein Vier-Augen-Gespräch, in dem das Thema behutsam angesprochen wird, erklärt Stefan Wälte vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung.
«Man sollte Betroffenen immer deutlich machen, dass sie nicht allein sind und sich nicht dafür schämen müssen.» Denn rund 7,5 Millionen Menschen können hierzulande nicht richtig schreiben und lesen. Entscheidend sind Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl.
Angehörige sollten Analphabeten aufzeigen, dass sie nicht dumm sind. «Stattdessen machen sie besser Mut und betonen, dass es keinesfalls zu spät ist, lesen und schreiben zu lernen.» Einige Analphabeten seien früher nur bis zum 14. Lebensjahr zur Schule gegangen und danach sich selbst überlassen worden. Dass sie Analphabeten sind, liege dann nicht an der Person selbst, sondern am damaligen System.
Wer etwa seinem Onkel helfen will, sollte sich unabhängig von der Ursache vor dem Gespräch schon über
Kursangebote oder Ansprechpartner informieren. Das können Verwandte etwa auf der Webseite des Bundesverbands tun. Wälte rät, dem Betroffenen vorzuschlagen, gemeinsam zu einem Kurs zu gehen oder dort anzurufen.
Wie weit man einen Analphabeten dazu drängen sollte, seine Situation zu ändern, hänge auch davon ab, wie gut man sich kenne. «Es ist sicher was anderes, wenn Mutter oder Vater betroffen sind als ein Freund.» Das Thema sollten Angehörige auch nie in einer Konfliktsituation ansprechen – nach dem Motto: «Was ich dir schon immer mal sagen wollte: Lerne endlich lesen und schreiben.»
(dpa/tmn)