2017 wird Strom wieder teurer
Berlin – Ende der Verschnaufpause für Deutschlands Stromkunden: Nach einem Jahr praktisch ohne Steigerungen geht es für Millionen Haushalte beim Strompreis zum Jahresanfang 2017 wieder spürbar nach oben. Das ergaben bundesweite Vergleiche der Preisportale Check24 und Verivox.
Die Stromkonzerne müssen Preiserhöhungen sechs Wochen vorher ankündigen. 208 Versorger – fast jeder vierte Anbieter – hätten bis zum Stichtag bereits Erhöhungen um durchschnittlich 3,5 Prozent angekündigt, sagte Check24-Geschäftsführer Energie Oliver Bohr. Das entspricht etwa 50 Euro im Jahr. Insgesamt rechne er für 2017 mit Strompreiserhöhungen um vier bis fünf Prozent. Das Portal Verivox kam sogar auf 250 Anbieter mit Erhöhungen zum Jahresbeginn um ebenfalls durchschnittlich 3,5 Prozent.
Dabei halten sich die vier größten Versorger RWE/Innogy, Eon, EnBW und Vattenfall in den Heimatmärkten Hamburg und Berlin bisher noch zurück und wollen über den Jahreswechsel die Preise stabil halten, wie Sprecher erklärten. Sie könnten aber im Laufe des Jahres nachziehen. «In der Vergangenheit konnten wir beobachten, dass viele Anbieter zum Jahreswechsel zunächst stillhalten, später aber mit Preiserhöhungen nachziehen», sagt Jan Lengerke, Mitglied der Verivox-Geschäftsleitung. «Deshalb erwarten wir auch 2017 eine zweite Preiswelle im Frühjahr.»
Grund für die Erhöhungen sind nach Einschätzung von Fachleuten nicht die – weiter recht niedrigen – Strom-Beschaffungspreise an der Strombörse. Sie waren im ersten Halbjahr 2016 sogar auf jahrelange Tiefstwerte gefallen. Deutlich teurer werden dagegen die Ökostrom-Umlage, die 2017 um 8,3 Prozent auf 6,88 Cent pro Kilowattstunde wächst und die Kosten für die Stromnetze. Beide Posten machen zusammen rund die Hälfte des Strompreises aus.
«Die Netzentgelte sind der größte Kostentreiber bei den Strompreisen», sagt etwa Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft des Ökostromanbieters Lichtblick. «Weil die Netzgebühren in den meisten Regionen Deutschlands auch 2017 wieder deutlich steigen, erwarten wir flächendeckend höhere Strompreise.» Lücking wirft den Stromkonzernen und Stadtwerken vor, für ihre Stromnetze übertrieben hohe Renditen zu kassieren.
Die Stromkunden zahlen mit EEG-Umlage und Netzentgelten zugleich auch kräftig für die Energiewende mit. Allein das Vergütungsaufkommen für Erneuerbare Kraftwerke aus der EEG-Umlage wird laut Bundesnetzagentur für 2017 auf 29,5 Milliarden geschätzt, denen nur knapp 5 Milliarden Euro Einnahmen für diesen Strom am Markt gegenüberstehen.
Die Netzkosten decken nicht nur den Bau neuer Leitungen und Unterhalt bestehender Netze ab, die Kunden zahlen auch für Eingriffe der Netzmanager wegen der starken Schwankungen der Wind- und Sonnenproduktion. Dazu zählt vor allem die kostenpflichtige Abschaltung von Windkraftanlagen, wenn die bestehenden Leitungen ihren Strom nicht mehr transportieren können, oder der Einsatz von Reservekraftwerken bei regionaler Unter- und Überversorgung. Die Kosten dafür wachsen stark und liegen aktuell bei rund einer Milliarde Euro im Jahr.
Für politischen Zündstoff sorgt dabei die ungleiche Verteilung der Netzkosten: Die Netzentgelte wachsen nämlich besonders stark auf dem Land, im Osten und in Bayern – überall, wo besonders viele Wind-und Sonnenenergieanlagen errichtet und angeschlossen werden müssen – während der Westen mit seinen modernen Stromleitungen und vergleichsweise weniger Erneuerbaren-Kraftwerken geringer draufzahlt.
Der für Norddeutschland und Bayern zuständige Übertragungsnetzbetreiber Tennet kündigte etwa Ende September eine massive Erhöhung seiner Netzentgelte um 80 Prozent an – ein Paukenschlag. Im Westen kalkuliert das Dortmunder Netzunternehmen Amprion dagegen für 2017 nur mit vergleichsweise moderaten Zuwachsraten von rund zehn Prozent. Energieexperten fordern deshalb schon länger bundeseinheitliche Netzentgelte, die Bundesregierung plant ein entsprechendes Gesetz.
Wenn
Strompreise steigen, können Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht nutzen. Schließlich haben Stromhaushaltskunden je nach Region inzwischen die Wahl zwischen im Schnitt rund 100 verschiedenen Anbietern.
(dpa)