1. FFC Frankfurt will als Eintracht angreifen
Frankfurt/Main – Vor der stillen Abschiedsparty des 1. FFC Frankfurt läuft bei Siegfried Dietrich ein emotionales Kopf-Kino.
Seit Tagen durchlebt der Manager noch einmal die wichtigsten Stationen in der 22-jährigen Geschichte des deutschen Rekordmeisters, der an diesem Sonntag vor leeren Rängen sein letztes Spiel bestreitet und nach der Fusion mit Eintracht Frankfurt künftig unter neuem Namen in der Frauen-Bundesliga an alte Erfolge anknüpfen will.
«Da läuft im Kopf noch einmal alles ab, was rund um den Verein alles passiert ist. Von der ersten Stunde, den ersten Erfolgen über die Gesichter und die Menschen, die den FFC zum erfolgreichsten Frauenfußballclub in Deutschland entwickelt haben», sagte Dietrich in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor der finalen Partie gegen den SC Freiburg.
Sieben Meistertitel, neun DFB-Pokalsiege und vier Champions-League-Triumphe stehen in der Vereinsvita der Hessinnen, in deren Reihen Weltklassespielerinnen wie Birgit Prinz, Steffi Jones oder Celia Sasic standen. «Der 1. FFC hat die Geschichte des deutschen Frauenfußballs in den vergangenen 20 Jahren geprägt wie kein anderer Club», sagte Eintracht-Vorstand Axel Hellmann. Für Sasic waren die Jahre in Frankfurt «die erfolgreichsten meiner Karriere. Für mich wird diese Zeit immer unvergesslich bleiben.»
Im August 1998 ging der 1. FFC Frankfurt aus der SG Praunheim hervor. Gleich in der ersten Saison unter dem neuen Namen wurde der Verein erstmals Meister. Die größten Meilensteine gab es aber auf internationaler Ebene. 2002 gelang bei der Premiere der Sieg in der Champions League, die damals noch UEFA Women’s Cup hieß. «Das war der Moment, der mir ganz tief unter die Haut gegangen ist, in dem ich das Gefühl hatte, wir haben den Durchbruch geschafft», erzählte Dietrich im Rückblick.
2008 dann der dritte Champions-League-Sieg vor 27.640 Fans in der Frankfurter WM-Arena. «Ein europäischer Zuschauerrekord und ein Sieg für die Ewigkeit. Diese Zahl werde ich nie vergessen», schwärmte Dietrich. «Das war Bestätigung und Motivation zugleich.»
Den letzten Triumph der Vereinsgeschichte gab es 2015 in Berlin. Im Champions-League-Endspiel bezwang der FFC vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel den klaren Favoriten Paris Saint-Germain mit 2:1. «Dieser Titel hat dann letztlich zum Umdenken geführt, weil wir wussten, als reiner Frauenfußballverein werden nicht nur wir das nie mehr schaffen», betonte Dietrich.
Unter dem Dach der Eintracht wollen die Frankfurterinnen nun wieder sportlich angreifen. «Natürlich wollen wir oben anklopfen und sobald wie möglich auch wieder international spielen. Klar ist aber, dass wir einen organischen Entwicklungsprozess anstreben und nichts überstürzen», sagte Dietrich zu den Zielen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg traut den Hessinnen einiges zu: «Ich bin mir sicher, dass die Eintracht und der FFC künftig unter einem Dach Großes schaffen werden.»
Die Fusion soll sich aber nicht nur für den Verein auszahlen, sondern auch Signalwirkung für die gesamte Branche haben. «Es ist ein starkes Zeichen nicht nur für den Fußball in Frankfurt, sondern in ganz Deutschland. Ich hoffe, dass weitere Clubs dem Vorzeigemodell der beiden Frankfurter Vereine folgen und dadurch den Frauenfußball sportlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich voranbringen», sagte DFB-Präsident Fritz Keller. Das wäre auch ganz im Sinne von Dietrich.
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(dpa)